Der Wolf wird wieder heimisch, Experten erwarten Rudelbildungen in West- und Südösterreich. In Vorarlberg wurde heuer bislang ein Wolf nachgewiesen. Der World Wide Fund For Nature (WWF) fordert von der Politik mehr Unterstützung für die Alpwirtschaft.
Das männliche Tier, welches vermutlich aus der mitteleuropäischen Population aus Deutschland und Polen abstammt, dürfte bereits 2021 in unseren Gefilden unterwegs gewesen sein. Im selben Jahr gab es noch Nachweise für drei weitere Wölfe - zwei Männchen und ein Weibchen. Österreichweit gibt es aktuell wenige Wolfsfamilien und einige umherziehende Tiere, die auf der Suche nach neuen Territorien durch das Land streifen. Die Einzelgänger konzentrieren sich eher auf den Westen und Süden. Die Rudel, insgesamt sind es drei, sind im Norden zu finden.
Die Rückkehr des Beutegreifers sorgt vor allem im landwirtschaftlichen Bereich für Verunsicherung. In Hinblick auf den bevorstehenden Alpsommer informierte die Naturschutzorganisation WWF über den aktuellen Stand. „Die Rolle des Wolfes in der Natur geht in der hitzigen Diskussion völlig unter“, meint Christian Pichler, Biologe bei WWF. Österreich verfügt über eine der höchsten Dichte an Schalenwild im EU-Raum. Indem sie kranke und schwache Wildtiere erbeuten, dämmen Wölfe die Ausbreitung von Krankheiten und Seuchen wie Tuberkulose ein. Durch die Dezimierung des Wildbestandes würden zudem die Schäden am Jungwald reduziert, die jährlich in die Millionenhöhe gehen, erläutert Pichler.
In Österreich wird die Entwicklung verschlafen
Er kritisiert, dass vonseiten der öffentlichen Hand aber kaum Mittel fließen, um ein möglichst konfliktfreies Zusammenleben mit den Raubtieren zu ermöglichen. Derzeit leben in Österreich laut WWF etwa 45 Wölfe. Eine Rudelbildung in den westlichen sowie südlichen Bundesländern sei nur eine Frage der Zeit. „Leider verschläft die Politik diese Entwicklung seit Jahren,“ findet Pichler deutliche Worte. Anders sieht die Situation im Schweizer Nachbarland aus. Dort hat man bereits über 20 Jahre Erfahrung im Wolfsmanagement. Daniel Mettler von der landwirtschaftlichen Beratungsstelle AGRIDEA ist überzeugt: „Ohne Herdenschutz geht es nicht.“ Das sei nach Jahren hitziger Diskussionen auch in Wolfs-kritischen Kreisen der Konsens.
Der Schweizer Experte betont, dass Abschüsse ein Bestandteil des Managements in Sachen Wolf seien, aber nicht die erste Wahl. „Insbesondere Behirtung und Schutzhunde halten im alpinen Raum effektiv Wölfe ab. Zugleich ermöglicht eine konsequente Herdenführung ein besseres Weidemanagement und vermindert andere Todesursachen wie Stein- und Blitzschlag oder Krankheiten“, sagt Mettler. Abschussbewilligungen für einzelne Tiere werden nur dann erteilt, wenn durch diese eine bestimmte Schadenshöhe verursacht wurde und zuvor getroffene Schutzmaßnahmen nicht den gewünschten Erfolg erzielten. Mettler spricht sich dafür aus, dass Abschussquoten zur Regulation der wachsenden Wolfspopulation so früh wie möglich politisch diskutiert werden sollten.
Grenzübergreifendes Monitoring
WWF-Experte Christian Pichler sieht Österreich in Sachen Wolfsmanagement noch ganz am Anfang: „Erste Erfolge bei Herdenschutz-Pilotprojekten sieht man in Tirol. Andere Bundesländer hinken hinterher, mancherorts werden die Landwirte völlig im Stich gelassen. Es fehlt an politischem Willen, Nutztiere besser zu schützen.“
Magdalena Erich, die die österreichische Leitung innerhalb des Projekts „Euro Large Carnivores“ innehatte, spricht sich für ein grenzübergreifendes Monitoring aus. Deswegen soll das Projekt dabei helfen, eine internationale Plattform zu schaffen, auf der sich alle Interessensgruppen austauschen - inklusive Praxisbeispiele und Lösungsvorschläge. Damit soll eine Koexistenz zwischen dem Menschen und den großen Beutegreifern ermöglicht werden.
Österreich: 3 Rudel, die etwa 45 Wölfe umfassen
Schweiz: 16 Rudel mit ungefähr 150 Tieren
Südtirol und Trentino: 22 Rudel, ca. 150 Individuen
Deutschland: 158 Rudel
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