Prozess in der Ukraine

Soldat zu Witwe: „Ich bitte Sie um Vergebung“

Ausland
20.05.2022 10:30

Weil er einen Zivilisten aus dem Fenster eines gestohlenen Autos heraus getötet haben soll, muss sich der 21-jährige Vadim Shishimarin in der Ukraine vor Gericht verantworten. Am ersten Prozesstag am Mittwoch bekannte sich der russische Soldat für schuldig, am Donnerstag bat er die ukrainische Witwe des getöteten Mannes um Vergebung.

„Ich weiß, dass Sie mir nicht vergeben können, aber ich bitte dennoch um Vergebung“, sagte Shishimarin am Donnerstag bei der zweiten Anhörung vor Gericht in Kiew. 

Der 21-jährige russische Soldat bekannte sich der Kriegsverbrechen für schuldig. Er musste sich im ersten Prozess dieser Art für den Mord an einem 62-jährigen Zivilisten verantworten. (Bild: APA/AFP/Genya SAVILOV)
Der 21-jährige russische Soldat bekannte sich der Kriegsverbrechen für schuldig. Er musste sich im ersten Prozess dieser Art für den Mord an einem 62-jährigen Zivilisten verantworten.

Bekannte sich schuldig
Der 21-jährige Panzerkommandant bekannte sich am Mittwoch schuldig, am 28. Februar im nordostukrainischen Dorf Tschupachiwka den unbewaffneten 62-jährigen Zivilisten Oleksandr Schelipow getötet zu haben. „Ich habe einen kurzen Schuss abgefeuert, drei oder vier Kugeln“, sagte er vor Gericht.

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Ich erkenne meine Schuld an ... Ich bitte Sie, mir zu vergeben.

Soldat Vadim Shishimarin

Keine Informationen über Prozess
Gekleidet in einen Trainingsanzug und mit gesenktem Kopf, bot Shishimarin einen trostlosen Anblick. Er sprach ruhig, wirkte aber verängstigt. Laut Kreml habe der 21-Jährige keine Informationen über den Prozess und das Fehlen einer diplomatischen Vertretung in der Ukraine schränke die Möglichkeiten ein, Rechtshilfe zu leisten.

Der russische Soldat Vadim Shishimarin steht vor Gericht während einer Anhörung in Kiew. (Bild: ASSOCIATED PRESS)
Der russische Soldat Vadim Shishimarin steht vor Gericht während einer Anhörung in Kiew.

Die Staatsanwälte forderten den Richter auf, Shishimarin zu lebenslanger Haft zu verurteilen. Die Witwe erzählte dem Gericht, dass sie Schüsse aus der Ferne in ihrem Garten gehört habe. Sie habe am Tag des Mordes nach ihrem Mann gerufen.

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Ich rannte zu meinem Mann, er war bereits tot. In den Kopf geschossen. Ich habe geschrien, ich habe so sehr geschrien.

Die Witwe des getöteten Oleksandr Schelipow

Die Frau des Getöteten sagte dem Gericht, sie hätte nichts dagegen, wenn Shishimarin im Rahmen eines Gefangenenaustauschs nach Russland entlassen würde, um „unsere Jungs“ aus der Hafenstadt Mariupol herauszuholen - eine Anspielung auf Hunderte von ukrainischen Soldaten, die sich Russland ergeben haben.

Zudem sagte die Frau, dass ihr Mann unbewaffnet und in Zivil gekleidet gewesen sei. Sie habe einen 27-jährigen Sohn und zwei Enkelkinder.

Dritter Soldat soll Befehl erteilt haben
Ein weiterer gefangener russischer Soldat, Iwan Matysow (20), der sich im Auto befand, sagte dem Gericht, der dritte unbekannte Soldat in dem Fahrzeug habe Shishimarin „in einem befehlenden Ton“ zugerufen, er solle den Zivilisten erschießen.

Der gefangene russische Soldat Ivan Matysov sagt gegen den russischen Soldaten Vadim Shishimarin wegen Kriegsverbrechen aus, weil er einen Zivilisten getötet hat. (Bild: APA/AFP/Sergei SUPINSKY)
Der gefangene russische Soldat Ivan Matysov sagt gegen den russischen Soldaten Vadim Shishimarin wegen Kriegsverbrechen aus, weil er einen Zivilisten getötet hat.

Beide Soldaten - Matysov und Shishimarin - sagten, der dritte Mann sei kein höherer Offizier gewesen, was darauf hindeutet, dass Shishimarin nicht verpflichtet war, den Schießbefehl zu befolgen.

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