Nachzahlungen von bis zu mehreren Tausend Euro für Strom und Gas sorgen bei vielen für erhitzte Gemüter. Derzeit gilt: Raus aus flexiblen Tarifen, denn besser wird es derzeit nicht.
Zahlungen in solcher Höhe sind nicht leicht zu verdauen. Auch wenn diese nun in Raten bezahlt werden können. Am schlimmsten trifft es Kunden mit Float-Tarifen. Flexible Preise, die sich nach dem Großhandel richten. Welchen Unterschied das zu Fixpreisen macht, zeigt das Beispiel von Familie N. Sie hat rund 1000 Kilowattstunden weniger Gas verheizt als ihre Nachbarn: „Diese zahlen dank Fixpreis aber rund 1000 Euro weniger als wir.“
4741,47 Euro als Nachzahlung
Ein Pensionisten-Ehepaar aus St. Pölten hat es besonders hart getroffen. 4741,47 Euro macht die Nachzahlung aus. „Wir haben unseren Thermostat für die Heizsaison von 23 auf 20 Grad gesenkt und werden zwei Stunden täglich weniger heizen. Gegen kalte Füße und Hände haben wir uns Kirschkernkissen gekauft.“
Dabei haben alle, die ihre Jahresabrechnung schon erhalten haben, „Glück“. Bei ihnen haben sich die hohen Preise erst kurz ausgewirkt. Bei allen anderen wird das stärker zu Buche schlagen. Experten wie E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch raten als erste Maßnahme, rasch von Float-Tarifen auf Fixpreise umzusteigen.
Verbrauch muss „drastisch gesenkt werden“
Auch der Verbrauch müsse durch Maßnahmen „drastisch gesenkt werden“, betont Franz Angerer, Geschäftsführer der österreichischen Energieagentur. Auch Familie B. will wegen einer hohen Stromnachzahlung ab jetzt darauf achten, welche Geräte zu Hause eingesteckt bleiben. „Bisher konnte man die Kosten halbwegs einschätzen. Das ist nicht mehr der Fall“, so die Niederösterreicher.
Einmal mehr zeigt sich, wie problematisch die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern ist. Wesentlich ist aber auch, den Verbrauch zu senken.
Franz Angerer, Geschäftsführer bei der Österreichischen Energieagentur
Rechneten nicht mit steigenden Einkaufspreisen
Auch ungewollt musste mancher Kunde den Tarif wechseln, weil ihnen der Energieanbieter kündigte. Diese haben Fixpreise für bestimmte Zeiträume angeboten, aber wohl nicht mit steigenden Einkaufspreisen gerechnet. Den Kunden blieb dann nichts übrig, als kurzfristig bei anderen Anbietern mit teureren Tarifen abzuschließen, wenn sie nicht ohne Gas oder Strom dastehen wollen.
VKI hält die Vorgehensweise für unzulässig
Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hält die Vorgehensweise für unzulässig und hilft mit Musterbriefen. „In einigen Fällen wurde die Kündigung wieder zurückgenommen, teilweise sind aber Gerichtsverfahren zur Klärung anhängig“, so Jurist Thomas Hirmke. Preissenkungen sind laut Experten nicht in Sicht. Es bleibt vorerst nur das Einsparen in jeder Hinsicht.
E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch gibt im „Krone“-Interview wertvolle Tipps für Kunden und erklärt: „Es gibt jetzt ein Recht auf Ratenzahlung.“
„Krone“: Ist bei den Energiekosten ein Plafond erreicht?
Wolfgang Urbantschitsch: Generell hat sich das hohe Preisniveau am Großhandelsmarkt jetzt eingependelt, mit ganz leicht sinkender Tendenz. Das ist nur eine Bestandsaufnahme aus heutiger Sicht. Ereignisse wie eine Lieferunterbrechung von Gas aus Russland könnten weitere Auswirkungen haben.
Mit welchen Mehrkosten muss man rechnen?
Bei Strom mit bis zu 150 Euro pro Jahr, wenn man z. B. rund 3500 kWh verbraucht. Bei Gas kann die Preissteigerung bei einem Durchschnittsverbrauch von 15.000 kWh/Jahr bis zu 300 Euro betragen.
Was tun, wenn ich noch einen Float-Tarif habe?
Sofort raus aus dem Tarif! Wer diesen noch hat, hat ein dreiviertel Jahr sehr hohe Preise bezahlt.
Welche Möglichkeit habe ich, wenn mich eine Nachzahlung überfordert?
Es gibt jetzt ein gesetzliches Recht auf Ratenzahlung. Zumindest zwölf Monatsraten, unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 18, müssen gewährt werden. Auf diese Möglichkeit muss auch in den Jahresabrechnungen und Mahnungen hingewiesen werden. Die E-Control bietet auch Infos, welche karitativen Einrichtungen helfen.
Welche Tipps haben Sie für Konsumenten?
Man sollte jetzt schauen, wie man den Energieverbrauch absenkt. Es wäre etwa gut, die Gastherme warten oder Fenster auf Dichtheit prüfen zu lassen. Wer ein Haus hat, sollte sich eventuell fragen, ob Gas noch der richtige Energieträger zum Heizen ist.
Wie sinnvoll ist derzeit ein Lieferantenwechsel?
Mit einem Bestandskundenvertrag, der einigermaßen in Ordnung ist, fürchte ich, dass man kein besseres Neukundenangebot findet. Man kann die Situation beobachten, auf e-control.at in den Tarifkalkulator schauen oder sich bei der Energie-Hotline (0800 21 20 20) beraten lassen.
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