Die Klage von Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (wir berichteten) auf Unterlassung widerlicher Falschbehauptungen im Zusammenhang mit einer mutmaßlichen Vergewaltigung unter Flüchtlingen verblüfft den Identitären-Chef Martin Sellner. Er sammelt nun Spenden für die zu erwartenden Kosten.
Vor einigen Tagen gab es in Weyer womöglich eine Vergewaltigung eines 15-jährigen ukrainischen Flüchtlingsmädchens durch einen 19-jährigen Syrer, ebenfalls ein Flüchtling. Der Umstand, dass der mutmaßliche Täter nicht in U-Haft genommen wurde, ist schon Aufreger genug, siehe einen der „Krone“-Berichte darüber hier. Dann kam aber noch ein ziemlich unflätiges Telegram-Posting von Martin Sellner, dem Chef der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich dazu, in dem er Oberösterreichs LH Thomas Stelzer beflegelt. Nicht ohne Öffentlichkeitswirksamkeit: Sellner hat auf Telegram 63.800 Abonnenten.
„Identitären-Chef hat rote Linie überschritten“
Stelzer habe den syrischen (mutmaßlichen) Vergewaltiger eines ukrainischen Flüchtlingsmädchens „ins Land gelassen“ und habe daher „mitvergewaltigt“, außerdem würde der Politiker sowieso „einen Bevölkerungsaustausch mitorganisieren“, so die Wortwahl Sellners. Die sich der ÖVP-Politiker nicht gefallen lassen will. Meinungsfreiheit hin oder her, damit sei eine rote Linie überschritten. Er klagt Sellner auf Unterlassung und Widerruf (Streitwert 22.000 €), nicht nur wegen der höchstpersönlichen Kränkung, sondern auch aus generalpräventiven Gründen.
„Es gibt schon zu viel Hass im Netz“, meint Stelzer
In der Klage Stelzers heißt es nämlich auch: „In Anbetracht der aufgeheizten politischen Diskussion rund um die Themen Migration und Kriminalität ist die Sicherung des Unterlassungsanspruches durch einstweilige Verfügung wesentlich für den Kläger, um weiteren Schaden abzuwenden. Im Übrigen wäre eine Versachlichung der Debatte auch im überwiegenden öffentlichen Interesse (vgl. nur die jüngsten politischen Bemühungen zur Eindämmung von Hass im Netz).“
Identitären-Chef beklagt sich bei den Anhängern
Spätabends am Freitag (22.06 Uhr) reagiert Sellner auf Telegram auf die Klagseinbringung von LH Stelzer: „Stelzer, der auch für die brutale Repression gegen patriotische Aktivisten verantwortlich ist, fokussiert sich auf meine politischen Aussagen. Ich berate mit meinem Anwalt, wie es weitergeht.“ Zugleich gibt er seine Bankverbindung für Leute an, die ihn „für die kommende rechtliche Auseinandersetzung mit dem Landeshauptmann unterstützen wollen“.
Sellner entschärft seine Nachricht auf Telegram
Zugleich entschärft Sellner seine Telegram-Nachricht vom 15. Mai nun nachträglich, zumindest der Vorwurf der „Mitvergewaltigung“ gegen den Politiker fällt hinaus. Die anwürfige Originalnachricht ist aber - natürlich - als Screenshot in der Klage Stelzers enthalten. Ob dieses nachträgliche „Redigieren“ als Widerruf reicht? Wahrscheinlich nicht, denn immerhin haben mindestens 16.100 Telegram-User die Originalnachricht gelesen.
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