Die ehemalige Grande Dame des Judo-Sports, Sabrina Filzmoser, hat den Mount Everest als sechste Österreicherin bezwungen. Mit der „Krone“ sprach sie über den Auf- und Abstieg, den inneren Kampf und den makaberen Weg zum Gipfel.
„Krone“: Frau Filzmoser, Sie hatten am Montag als erst sechste Österreicherin den Mount Everest bestiegen. Wie war’s am höchsten Punkt der Erde?
Sabrina Filzmoser: Es ist sehr schwierig zu beschreiben, was man da oben fühlt. Denn eigentlich ist man so fertig, dass nicht viele Gedanken übrig bleiben. Ich war’ nicht allzu lang oben, es waren vielleicht 15 Minuten. Und ich hatte mich schon darauf vorbereitet, dass der Abstieg noch schwieriger wird. Aber es war schon beeindruckend.
Was ist Ihnen, da oben‘ besonders aufgefallen?
Wie niedrig eigentlich die anderen 8000er rundherum sind. Man merkt, dass man am Dach der Welt ist, es ist alles so überdimensional und so gewaltig.
Sehen Sie die Welt jetzt ein bisschen anders?
Das ist eine schwierige Frage. Ich habe sehr lange gebraucht, um zu realisieren, dass ich Sauerstoff nehmen muss, damit die Zehen dran bleiben und damit ich den Berg wieder verlassen kann. Dieses Gefühl, dass dein Leben an einem seidenen Faden hängt, hat mich sicherlich verändert. Man ist so am Limit und braucht so viel Glück.
Sie haben also dagegen angekämpft, Sauerstoff als Unterstützung zu nehmen?
Ja, ich wehrte mich extrem dagegen, ich wollte keinen Sauerstoff nehmen und ich hatte vorher den Beschluss gefasst, dass ich ansonsten umkehre. Rationale Entscheidungen sind in diesen Höhen aber nicht möglich – und dann ist es zu spät, dann bleibt man einfach oben. Dann kann dir keiner mehr helfen.
Sie haben es aber wieder heil zurückgeschafft...
Nachdem erfahrene Bergsteiger auf mich eingeredet hatten, wusste ich, dass ich umdenken muss. Dann nahm ich ein, zwei Minuten Sauerstoff und auf einmal kribbelten die Zehen wieder, alles wurde wärmer und die Gedanken wurden wieder klarer. Und dann checkt man, was für ein Volltrottel man ist.
Warum wollten Sie es unbedingt ohne Sauerstoff schaffen?
Weil es schon in meiner Sportlerkarriere so war, dass ich immer alles ohne Hilfsmittel meistern wollte. Ich bin jetzt aber nicht enttäuscht. Es war ein Fehler von mir zu glauben, dass ich es so schaffen muss.
Gab es noch andere kritische Situation, hatten Sie Angst?
Nein, ich hatte nie Angst, weil ich mich wirklich lange vorbereitet hatte. Aber der Respekt vor der unberechenbaren Natur war immer da. Man hörte ständig irgendwelche Felsen herunterfallen, wie sich in der Nacht alles bewegt und wie riesige Lawinen abgehen. Aber man gewöhnt sich daran und diese Demut bringt dich am nächsten Tag weiter.
Denkt man beim Aufstieg auch über den Tod nach?
Man muss sich zuvor damit auseinandersetzen, dass dort schon Hunderte gestorben sind. Was einen aber schon nachdenklich macht, ist, wenn man Tote sieht. Die liegen mitten am Weg, sind angefroren und man muss über sie darüber steigen. Wenn man sich damit zuvor beschäftigt, weiß man auch, wer diese Toten sind. Damit muss man erst umgehen können.
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