Analyse nach Paris-Aus

Thiem fragte sich: „Was zur Hölle geht da ab?“

Tennis
22.05.2022 17:22

Mit leerem Blick und kaum verzogener Miene hat Dominic Thiem nach seiner Niederlage sein Medien-Pflichtprogramm absolviert. Gebetsmühlenartig musste er am Sonntag in Paris auf dieselben Fragen dieselben Antworten geben. Dabei wusste er selbst nicht ganz, was da passiert war. „In einem Game heute habe ich vier oder fünf Vorhand-Returnfehler in Folge gemacht. Da habe ich mich gefragt, ‘was zur Hölle geht da ab, ich wollte ihn nur reinspielen‘", analysiert Thiem sein Erstrunden-Aus gegen Hugo Dellien. 

Die große Zuversicht kann ihm weder der Auftritt in Roland Garros, noch jener die Woche davor in Genf gegeben haben. Aber Thiem weiß, dass er geduldig bleiben muss. Thiem braucht einfach länger für die Rückkehr der Automatismen in einer Match-Situation.

Dominic Thiem (Bild: AFP or licensors)
Dominic Thiem
(Bild: Copyright 2022 The Associated Press. All rights reserved)

„Ich mache nichts anders“
Nach sieben Niederlagen en suite mit nur einem Satzgewinn sieht Thiem noch keinen Grund für sonderliche Nervosität, einen Wechsel in seinem Umfeld oder einer Umstellung im Training selbst. „Ich mache nichts anders. Das ist der Schlüssel. Mit einer gewissen Art des Trainings bin ich sehr erfolgreich geworden, also ist es Zeit, das Gleiche wieder zu tun, um wieder in die Spur zu kommen.“ Es sei kein Geheimnis, dass er erst seit rund sechs Wochen wieder wirklich gut und konstant trainiere. „Das ist einfach nicht lange genug, besonders für die Verletzung, die ich hatte.“ Darum gibt er sich mehr Zeit. „Es wird noch ein paar Monate dauern, bevor ich bereit bin, wieder die Topleute zu schlagen.“

Thiem brachte auch ein anderes Beispiel: „Hätte ich in der Coronapause nicht 28 Exhibition-Matches gespielt, hätte ich auch sicher nicht so gut gespielt bei den US Open“, erinnert der 28-jährige Lichtenwörther an seinen US-Open-Titel 2020. Seit seiner Jugend sei es so gewesen, dass er lange brauche. „Nach zehn Monaten ohne Spiel und mit einer schweren Handgelenksverletzung dauert es halt sehr lange, aber es kann sein, dass sich andere Spieler viel leichter tun.“

Hugo Dellien (Bild: Copyright 2022 The Associated Press. All rights reserved)
Hugo Dellien
Hugo Dellien (Bild: Copyright 2022 The Associated Press. All rights reserved)
Hugo Dellien

„Ziemlich weit von einem Sieg entfernt"
Neben vielen einzelnen Kritikpunkten an seinem Spiel ist es auch die Match-Intelligenz, die Thiem noch fehlt. „Manchmal treffe ich während einer Rallye wirklich dumme Entscheidungen. Stopps oder im falschen Moment entlang der Linie. In einem Game heute habe ich vier oder fünf Vorhand-Returnfehler in Folge gemacht. Da habe ich mich gefragt, ‘was zur Hölle geht da ab, ich wollte ihn nur reinspielen‘.“

Zwar sei es im Training besser, aber auch noch nicht perfekt. „Jeder sagt, dass man immer 10 bis 20 Prozent in der Garderobe liegen lässt, weil man nervös und angespannt ist. Bei mir geht es noch nicht einmal im Training perfekt. Ich kann nicht erwarten, dass es im Match passiert.“ Der berühmte erste Sieg würde vielleicht auch mental einen Schalter umlegen. Das weiß auch Thiem. „Aber wenn ich ehrlich zu mir bin, war ich bei all den Matches, die ich gespielt habe, ziemlich weit von einem Sieg entfernt.“

(Bild: GEPA pictures)

Diesen ersten Sieg will er nun in Italien auf Challenger-Ebene holen. Die Erinnerung an seine Glanzzeiten in Roland Garros, oder auch das Flair und das Publikum haben ihm am Sonntag bestenfalls mehr Druck gemacht. „Das sind alles schöne Dinge, aber die werden mir nicht helfen, dass ich besser in Match-Situationen spiele. Sicher hätte ich mir erhofft, dass es schneller geht, erhofft, dass es vielleicht hier mit dem ersten Sieg klappt, aber es zu erwarten wäre unrealistisch gewesen.“

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(Bild: KMM)



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