Das Musiktheater-Projekt des deutschen Komponisten Michael Obst heißt „Unter dem Gletscher“, Intendant Hermann Schneider steuerte das Libretto bei, wie berichtet. Die Uraufführung erhielt heftigen Beifall!
Das überraschende Projekt beruft sich auf die Romanvorlage des isländischen Nobelpreisträgers Halldór Laxness. Die Musik von Michael Obst ist tiefgründig und schöpft reich aus Islands Volksmusik mit klangvollen Männerchören und schrägen Figuren. Aber auch Anklänge an kirchliche Choräle, Trinklieder, Tänze oder Jazziges werden eingeflochten. Das Bruckner Orchester, von Ingmar Beck geleitet, führt mit schwungvollem Tempo und genauer Kontaktierung 13 hoch motivierte Sänger ausgezeichnet durch den Abend.
Verschollene und Mystisches
Die mäßige Handlung mit banalen menschlichen Hintergründen spielt sich in einem Dorf unterhalb eines Gletschers ab. Hierhin verschlägt es Vebi, einen jungen Vertreter des Bischofs, der prüfen soll, ob der Pfarrer seine Pflichten erfüllt. Doch die Kirche ist zugenagelt...
Verführerische Stimmen
In der Hauptpartie überzeugt Anna Alàs i Jove sowohl schauspielerisch als auch mit sängerischer Ausstrahlung. Gotho Griesmeier ist die Frau des Pfarrers mit verführerischer Stimme. In weiteren Rollen überzeugen u.a. Dominik Nekel, Martin Achrainer, Vaida Raginskyte sowie Matthäus Schmidlechner.
Hermann Schneider erweist sich als erfahrener Regiepraktiker. Falko Herold unterstützt ihn mit einem realistischen Bühnenbild. Applaus für die Musik und die löblichen Sängerinnen und Sänger!
Im Blühbeet der Eitelkeiten
Zeitgleich hatte die Nestroy-Posse „Liebesgeschichten und Heiratssachen“ am Schauspielhaus Premiere. Die Inszenierung durch Dominique Schnizer wühlt in Gefühlsschlacken, spitzt Gipfel der Gemeinheiten zu und zieht puncto Derbheit viele Register.
Schlachterfranzösisch und Wienerherz
Nestroy schuf mit seiner Posse ein großes Gruselkabinett der menschlichen Eitelkeiten und Schnizer weiß es mit seiner Regie geschickt zu bedienen. Er schickt Christian Higer als derben Superreichen mit Schlachterfranzösisch ins modrige Blühbeet der Nestroytypen, in dem auch Eva-Maria Aichner als Dame und Lorena Emmi Mayer als Tochter wunderbar gedeihen. Jan Nikolaus Cerha glaubt als aalglatter Nebel alles unter Kontrolle zu haben. Ein Spottstück, das nie an Aussagekraft durch eine große Weisheit verlieren wird: Erst das Geld, dann die Moral!
Fred Dorfer, Elisabeth Rathenböck
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