Belarus-Freiwillige:

Mit Kampf für Ukraine auch Weißrussland „befreien“

Ausland
23.05.2022 09:05

Zwar hat sich Präsident Alexander Lukaschenko im Ukraine-Krieg an die Seite Russlands gestellt, doch viele Weißrussen sehen keinen Grund, gegen ein Brudervolk zu kämpfen. Einige von ihnen sind sogar dem Ruf des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gefolgt und wollen als Freiwillige gegen die russischen Truppen kämpfen. Mit einem Sieg über Russland wollen sie auch das Ende der Lukaschenko-Herrschaft in ihrem Land einläuten.

Medienberichten zufolge sind bereits Hunderte Weißrussen dem Aufruf Selenskyjs gefolgt und unterstützen die ukrainische Territorialverteidigung gemeinsam mit zahlreichen anderen ausländischen Kämpfern. Das Risiko ist allen bewusst. Denn nicht wenige Männer haben auch schon ihr Leben dabei verloren. Doch für Wadim Prokopiew, einem 50-jährigen Geschäftsmann aus Minsk, beginnt „die Reise in der Ukraine“. Am Ende der Reise soll nicht nur eine „befreite Ukraine“, sondern auch ein Weißrussland ohne Lukaschenko stehen, wie der Freiwillige gegenüber dem US-Sender ABC News erklärt. Der 50-Jährige trainiert derzeit mit einigen anderen Landsmännern in der Nähe der polnischen Hauptstadt Warschau.

Kampfausbildung für Freiwillige aus Weißrussland nahe Warschau (Bild: AP)
Kampfausbildung für Freiwillige aus Weißrussland nahe Warschau
Diese Männer aus Weißrussland wollen sich für ein „Brudervolk“ einsetzen. Allerdings kämpfen sie damit auch gegen russische „Brüder“. (Bild: AP)
Diese Männer aus Weißrussland wollen sich für ein „Brudervolk“ einsetzen. Allerdings kämpfen sie damit auch gegen russische „Brüder“.

Viele der Kameraden sind aus Angst vor Repressionen bzw. Verhaftungen aus Weißrussland geflohen und haben im Nachbarland Polen Zuflucht gefunden. „Wenn der Krieg in der Ukraine beendet ist, beginnt erst unser Kampf. Es ist unmöglich, Weißrussland zu befreien, bevor nicht die faschistischen Truppen Putins aus der Ukraine verjagt sind“, so Prokopiew. Er führt eine Einheit namens „Pahonia“ an, die sich vor allem der Ausbildung weiterer Freiwilliger widmet. Die Nachrichtenagentur AP hat das Gefechtsübungsgelände, wo die internationalen Kämpfer vorbereitet werden, besucht. Viele Interviewpartner konnte man aber nicht finden. Die meisten Männer wollten den Angaben zufolge aus Sicherheitsgründen eher nichts von sich geben.

von links: Der weißrussische Machthaber Alexander Lukaschenko und der russische Präsident Wladimir Putin (Archivbild) (Bild: AFP)
von links: Der weißrussische Machthaber Alexander Lukaschenko und der russische Präsident Wladimir Putin (Archivbild)

Ermittlungen gegen „verrückte Weißrussen“
Die Sorgen sind berechtigt, schließlich hat das Lukaschenko-Regime Söldner im Dienste der Ukraine als „verrückte Weißrussen“ bezeichnet und Ermittlungsverfahren gegen sie eingeleitet. Der 19-jährige Ales war dennoch mutig genug, um über seine Motive zu sprechen. Er sei dem weißrussischen Geheimdienst KGB entkommen. Dieser habe ihn eine Zeit lang gefangen gehalten und gezwungen, andere Oppositionelle bzw. Freiwillige zu verraten. Andernfalls drohe ihm eine lange Haftstrafe, habe es geheißen, verrät Ales.

Demonstranten und „Terroristen“
Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass in Weißrussland die Anwendung der Todesstrafe offenbar ausgeweitet wird. Künftig könne sie bereits bei versuchtem Terror verhängt werden, berichteten russische Nachrichtenagenturen in der Vorwoche. Der als „letzter Diktator Europas“ kritisierte Lukaschenko hat immer wieder Menschen, die seit 2020 gegen seine mutmaßlich gefälschte Wiederwahl protestierten, als „Terroristen“ bezeichnet. Viele der weißrussischen Freiwilligen in Polen und der Ukraine haben sich auch an Demonstrationen beteiligt, könnten daher als „Terroristen“ gelten.

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