Reicht Rücktritt ein

Russischer Diplomat: „Schäme mich für mein Land“

Ausland
23.05.2022 17:02

Mit einem durchaus ungewöhnlichen Statement hat am Montag offenbar ein russischer Diplomat im UN-Büro in Genf seinen Rücktritt verkündet. Er schäme sich für sein Land, das schlicht „Kriegshetze“ verbreite, erklärte Boris Bondarew in seinem Rücktrittsschreiben.

Wie die Nachrichtenagenturen Reuters und Associated Press (AP) berichteten, hat Bondarew bereits UN-Botschafter Gennadij Gatilow von seinem Rückzug informiert. Zuvor hatte der Exekutivdirektor der Organisation UN-Watch ein angebliches Foto von Bondarews Erklärung zu dem Rücktritt veröffentlicht, das seither in den sozialen Netzwerken kursiert.

Bondarew erklärte darin seinen Rücktritt nicht nur von seinem Posten in Genf, sondern aus dem gesamten diplomatischen Dienst seines Landes.

Angriff auf Ukraine brachte Fass zum Überlaufen
„In 20 Jahren meiner diplomatischen Karriere habe ich viele Wendungen in unserer Außenpolitik gesehen“, zitiert die AP aus Bondarews Erklärung, „aber nie habe ich mich so für mein Land geschämt wie am 24. Februar dieses Jahres.“ 

Dabei handelt es sich um jenen Tag, an dem Russland den Überfall auf die Ukraine begonnen hatte. Nach Angaben der Agentur wurde das Rücktrittschreiben am Sonntag übermittelt - Bondarew selbst erklärte seine Beweggründe zudem über sein Facebook-Profil.

Bondarews postete seine Erklärung auch auf Facebook. (Bild: Screenshot: facebook.com/Boris Bondarev)
Bondarews postete seine Erklärung auch auf Facebook.

„Verbrechen gegen das ukrainische Volk“
„Der aggressive Krieg, den Putin gegen die Ukraine und im Grunde gegen die gesamte westliche Welt entfesselt hat, ist nicht nur ein Verbrechen gegen das ukrainische Volk“, heißt es in dem von UN-Watch veröffentlichten Schreiben weiter. Er sei ein schwerwiegendes Verbrechen gegen die Menschen in Russland und „radiert alle unsere Hoffnungen und Aussichten auf eine blühende und freie Gesellschaft in unserem Land aus“.

Krieg als reiner Eigennutz?
Den russischen Entscheidern wird in dem Brief vorgeworfen, den Krieg ausschließlich aus Eigennutz begonnen zu haben. Sie wollten „für immer an der Herrschaft bleiben, in luxuriösen, geschmacklosen Palästen leben“ und „unbegrenzte Macht und komplette Straflosigkeit genießen“. Dafür seien sie bereit, so viele Leben zu opfern, wie das Ziel erfordere: „Tausende von Russen und Ukrainern sind bereits nur dafür gestorben.“ 

„Mir wurde gesagt, ich solle meinen Mund halten“
Bei dem Rücktritt handelt es sich dem AP-Bericht zufolge um ein seltenes, „wenn nicht gar beispielloses“ Eingeständnis der Verstimmung über den Krieg aus Reihen russischer Diplomaten. Der Nachrichtenagentur Reuters sagte Bondarew, er habe seine Bedenken im Zusammenhang mit der Invasion mehrmals gegenüber Vorgesetzten geäußert. „Mir wurde gesagt, ich solle meinen Mund halten, um Auswirkungen zu verhindern.“

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