Eine von der Stadt engagierte Juristin zog Bilanz nach eineinhalbjährigen Kontrollen von Freizeitwohnsitzen. 50 offene Verfahren stehen derzeit zu Buche. Der Gemeinderat steht größtenteils hinter diesem Bemühen, man ortet aber weiterhin gewaltige Defizite beim Durchgriffsrecht. Die aktuelle Gesetzeslage wird als unzureichend gesehen.
Wer gegen den vielzitierten „Ausverkauf Tirols“ ist und nur auf diese Zahlen blickte, konnte sich Montagabend im Kitzbühler Gemeinderat freuen: Die städtische Juristin zog Bilanz über ihre 450 Kontrollen von mutmaßlichen illegalen Freizeitwohnsitzen. 50 offene Verfahren und zwei untersagte Nutzungen von Häusern stehen zu Buche. Bei 17 Einstellungen, weil ein gültiger Freizeitwohnsitz-Bescheid vorlag oder die Ermittlungen den Verdacht entkräfteten. Das große Aber – und darüber herrschte weitgehend Konsens bei den Fraktionen: Die Gesetzeslage ist unbefriedigend! Das gilt trotz spektakulärer Einzelerfolge wie gegen jenen Münchner, der vor dem Bundesverwaltungsgerichtshof mit seiner Revision scheiterte (die „Krone“ berichtete).
Befürchtung: „Sieg“ vor Verwaltungsgericht reicht nicht
„Wenn es Spitz auf Knopf steht und jemand das durchzieht, könnte der Europäische Gerichtshof für den EU-Bürger entscheiden. Oder es reicht schon unser Verfassungsgerichtshof“, fürchtet GR Reinhardt Wohlfahrtstätter (SPÖ). Er findet Landes- und Bundesgesetze nach wie vor „zu schwammig“. Nicht einmal Stadt, BH und Finanzamt seien bei den Daten vernetzt.
Auch Alexander Gamper (FPÖ) drängt, dass Meldedaten auf EU-Ebene abgeglichen werden. Dann sei es unmöglich, in München und Kitzbühel einen Hauptwohnsitz zu haben. „Die Finanzpolizei müsste das weiterverfolgen, weil ja Steuern hinterzogen werden.“ Andreas Fuchs-Martschitz (Liste UK) schlägt vor, dass sich betroffene Orte gemeinsam juristischen Beistand holen und Druck auf Land und Bund machen. Zudem will er im Sinne der Transparenz, dass Gemeinderäte Einblick in das Verzeichnis der Freizeitwohnsitze erhalten.
Auch Bürgermeister kritisiert Rechtslage
Gibt es für eine Tiroler Stadt oder Gemeinde ausreichende Handhabe gegen illegale Freizeitwohnsitze? Zur laufenden Debatte meint Kitzbühels Bürgermeister Klaus Winkler: „Die Rechtslage ist komplett unbefriedigend und den Vollzug sehe ich sehr kritisch. Die Bürgermeister bleiben immer als Prügelknaben übrig.“
Woran krankt es? Bisher fehle laut Winkler der politische Mut, endlich eine zwischenstaatliche Lösung herbeizuführen. Konkret eine engmaschige Abgleichung zwischen Raumordnung, Melderecht und zwischenstaatlichem Steuerrecht. Konkret: Wer in Kitzbühel den Hauptwohnsitz hat, soll auch seine Steuern hier und nicht in Deutschland zahlen. Zudem will der Stadtchef auch die Wohnbauförderung mit neuen Bedingungen verknüpfen: „Es kann nicht sein, dass mit Geldern der Steuerzahler Wohnungen errichtet werden, die dann als illegale Freizeitwohnsitze genützt werden.“
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