Die Luftfahrtbranche trudelt weiter. In Schörfling am Attersee lebt der Experte Kurt Hofmann und im Interview sieht er für Schnäppchen-Flüge, wie sie derzeit noch Saison haben, keine Zukunft.
„Krone“: Der Anruf erreicht Sie, Herr Hofmann, im Zug nach Wien. Fliegen Sie weniger als früher?
Kurt Hofmann: Da hat sich seit Corona einiges geändert. Das Geschäft ist zum Glück gleich geblieben, aber ich bin etwa um die Hälfte weniger mit dem Flugzeug unterwegs. Ich fahre mehr Bahn und viel geht eben auch online.
„Krone“: Früher wären Sie von Linz nach Wien geflogen?
Hofmann: Schon auch, aber gerade Linz und Salzburg, die eigentlich zu meinen Lieblingsflughäfen zählen, haben in der Corona-Zeit leider viel an Anschlussmöglichkeiten verloren. Das ist schade, aber allgemein wird der Flugplan von vielen Linien vor dem Sommer zusammengestrichen. So nimmt die SAS, die Scandinavian Airlines, 4000 Flüge aus dem Programm. Bei der Swiss Air sind es einige 100 Flüge, die ausfallen.
„Krone“: Sollte es in diesem Sommer nicht eigentlich wieder steil bergauf gehen mit der Luftfahrtbranche?
Hofmann: Es ist derzeit eine paradoxe Situation. Einerseits gibt es eine enorme Nachfrage, aber weniger Kapazitäten. Fluglinien haben Geräte verkauft, etwa die AUA, die vor der Pandemie rund 80 und jetzt nur noch 60 Flugzeuge hat. Auch Lufthansa und Swissair haben weniger Flugzeuge. Diese sind jetzt natürlich gut ausgelastet.
„Krone“: Aber die Leute wollen unbedingt fliegen.
Hofmann: Die Menschen haben einen enormen Aufholbedarf nach Corona, sie wollen irgendwohin fliegen. Die Plätze zu Mittelmeer-Destinationen oder über den Nordatlantik sind sehr gut gebucht. Dieser Sommer wird wichtig für die Airlines, um endlich wieder Geld zu verdienen. Denn der kommende Winter wird wieder schwierig werden.
„Krone“: Warum der Winter?
Hofmann: Derzeit können viele Airlines die Preise für die Tickets noch halten, weil sie sich etwa Treibstoff schon im Vorhinein zu Fixpreisen gesichert haben. So hat sich etwa die Lufthansa 70 Prozent des heurigen Kerosin-Bedarfs gesichert. Es gibt allerdings auch andere Airlines, die gar keine Sicherheiten haben. Die werden die Preise rascher anheben. Und dann kommt noch die Inflation und die sinkende Kaufkraft dazu. Die Zeiten des extrem billigen Fliegens sind vorbei, darauf muss man sich einstellen.
„Krone“: Würden Sie also jedem raten, der fliegen will, das noch heuer zu tun?
Hofmann: Durchaus. Wie gesagt, die Schnäppchen werden weniger werden. Allerdings ist weniger die Frage, ob man fliegen will, sondern ob man noch einen Sitzplatz kriegt. Ich würde mir mit dem Buchen nicht mehr allzu viel Zeit lassen.
„Krone“: Wir hörten schon von Airlines, die bereits jetzt nur noch jede zweite Sitzreihe besetzen. Warum das?
Hofmann: Easy-Jet hat zum Beispiel auf dem Airbus wegen Personalproblemen einen Flugbegleiter weniger. Das bedeutet, man kann auch weniger Passagiere mitnehmen.
„Krone“: Der Personalmangel ist also auch in der Flugbranche angekommen!
Hofmann: Viele Arbeitnehmer wurden während der Corona-Zeit gekündigt und haben inzwischen total die Branche gewechselt. Und nicht nur die Leute, die in der Luft waren, auch jene am Boden.
„Krone“: Das bedeutet?
Hofmann: Dass alles viel länger dauert. Als ich zuletzt in Amsterdam war, wurde mir geraten, drei Stunden vor Abflug da zu sein. Da stehst du wirklich lange in der Schlange beim Einchecken und der Sicherheitskontrolle. Da lobe ich mir kleinere Flughäfen wie Linz oder Salzburg, hier geht’s noch schnell. Das Problem ist, dass etwa von Linz nur noch wenige Linien-Verbindungen gehen.
„Krone“: Waren Pilot und Flugbegleiter nicht einmal sehr erstrebenswerte Berufe.
Hofmann: Sicher, aber die Leute sind verunsichert. Es ist dann ein Warten auf die nächste Krise. Und die hat uns in Wahrheit ja schon wieder mit dem Ukraine-Krieg eingeholt. Da muss man gar nicht mehr auf den nächsten Lockdown wegen einer Corona-Welle warten. Das wollen viele Arbeitnehmer nicht mehr.
„Krone“: Sie haben den Ukraine-Krieg angesprochen. Wie wirkt sich der aus?
Hofmann: Unterschiedlich. Je näher die Fluglinien an Russland sind, desto problematischer ist es. Aber wir müssen bedenken, dass Russland und auch die Ukraine von europäischen Fluglinien jetzt nicht mehr überflogen werden. Und das war Richtung Asien die kürzeste Strecke. Das bedeutet längere Flugzeiten, höhere Spritkosten und mehr benötigtes Personal, das ja ohnehin schon knapp ist. Damit auch steigende Ticketpreise.
„Krone“: Falls der Krieg vorbei ist?
Hofmann: Würde ich nicht dafür garantieren, dass der Luftkorridor über Russland so schnell wieder von den europäischen Fluglinien genutzt wird. Bisher hat Europa pro Jahr an Russland rund 500 Millionen Euro bezahlt, damit die Flugzeuge über das Territorium fliegen durften.
„Krone“: Autobauer klagen über Nachschubprobleme bei Ersatzteilen – wie ist das bei Flugzeugherstellern?
Hofmann: Hier gibt’s auch erste Probleme. Aber niemand muss sich fürchten, dass das Fliegen unsicherer wird. Ist etwas defekt, bleibt der Flieger unten.
„Krone“: Inzwischen kamen schon Meldungen, dass wegen des Ukraine-Kriegs viele russische Touristen im Sommer in Griechenland oder der Türkei ausbleiben werden. Wird’s da interessant für Schnäppchen-Jäger?
Hofmann: Vermutlich werden einige Hotels, die auf russische Gäste spezialisiert sind, mit den Preisen runtergehen. Aber man muss zum Hotel hinkommen. Und das ist das Problem: Die Flieger werden schon voll sein.
„Krone“: Wo fliegen Sie heuer in den Sommerurlaub hin?
Hofmann: Ich weiß noch nicht, ich bin auch gerne am Attersee.
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