Tabuthema im Sport

„Ich wollte das ja nie im Geheimen machen“

Salzburg
27.05.2022 11:55

Homosexualität im Sport ist ein Tabuthema. Die Saalfeldener Biathlon-Trainerin Sandra Flunger und ihre Frau Svea Dreisbach wollen dazu beitragen, viel offener damit umzugehen.

„Ich habe allergrößten Respekt vor diesem jungen Kerl“, sagt Sandra Flunger, wenn sie über Jake Daniels spricht. Jenen Daniels, der sich vor zehn Tagen als erster aktiver Fußballer in einer Topliga als schwul geoutet hat.

Auch die Saalfeldenerin Flunger, die als Biathlon-Trainerin zu den Besten ihrer Zunft zählt, ist homosexuell. Die 40-Jährige heiratete 2020 ihre Partnerin Svea Dreisbach, gemeinsam zeigen sie ganz offen ihr Glück. Das war aber nicht immer so, denn die Salzburgerin steht erst seit 2017 zu ihrer sexuellen Neigung. „Dass ich lesbisch bin, war für mich klar, seit ich denken kann“, offenbart Flunger. „Wirklich geoutet habe ich mich aber erst mit Svea.“

Warum so spät? „Weil ich es als weibliche Trainerin ohnehin schon schwer genug hatte und gegen Windmühlen ankämpfen musste. Da überlegt man sich, ob man dann zusätzlich Angriffsfläche bieten sollte. Es war davor nie der richtige Zeitpunkt.“ Als Svea in ihr Leben trat, wurde alles anders.

Stehen offen zu ihrer Sexualität: Svea Dreisbach (li.) und Biathlon-Trainerin Sandra Flunger. (Bild: EXPA/JFK)
Stehen offen zu ihrer Sexualität: Svea Dreisbach (li.) und Biathlon-Trainerin Sandra Flunger.

Tabuthema Homosexualität im Sport: „Angst, darauf reduziert zu werden“
Beruflich, weil Flunger nicht mehr für den Skiverband arbeitete, sondern mit Onkel Alfred Eder die „Biathlonschmiede“ gründete, in der neben Simon Eder auch Lisa Hauser, Julia Schwaiger oder Susi Hoffmann trainierten. Privat, weil Sandra die Frau fürs Leben an ihrer Seite fühlte. „Für mich war immer klar, dass ich es tue, wenn ich die richtige Partnerin habe. Ich wollte es ja nie im Geheimen machen“, erzählt Flunger.

„Ich denke, man hat auch Angst, darauf reduziert zu werden. Plötzlich steht nicht mehr die Leistung der Trainerin oder der Sportlerinnen im Vordergrund, sondern, dass man homosexuell ist. Dabei hat das mit dem Job an sich nichts zu tun“, wirft Dreisbach ein.

Umso bemerkenswerter ist es, dass mit Daniels ein Fußballer sich outete, der seine ganze Karriere noch vor sich hat. „Er ist ja der Erste, der das macht und noch spielt. Dabei weiß er gar nicht, wie die Leute reagieren, wenn er mal schlechte Aktionen im Spiel hat. Es kann sein, dass es dann Pfiffe gibt. Da drüberzustehen, ist mit 17 Jahren echt stark“, zeigt sich Flunger beeindruckt.

Das Paar fand vor fünf Jahren einen für sich perfekten Weg, um seinem Umfeld von der damals frischen Liebe zu berichten. „Svea war ganz einfach mit dabei. Ich habe sie dann vorgestellt und das war’s. Es war alles ziemlich unaufgeregt“, grinst Flunger. Ihre Partnerin ergänzt: „Wir hatten davor viel darüber gesprochen. Wenn man das Thema ganz normal behandelt, gibt es gar keinen Raum für blöde Kommentare.“

Stehen offen zu ihrer Sexualität: Unternehmensberaterin Svea Dreisbach (li.) und Biathlon-Trainerin Sandra Flunger. (Bild: Flunger/Dreisbach)
Stehen offen zu ihrer Sexualität: Unternehmensberaterin Svea Dreisbach (li.) und Biathlon-Trainerin Sandra Flunger.

„Irgendwann sollte das gar kein Thema mehr sein“
Beiden war wichtig, einen offenen Umgang zu pflegen. „Wir sind normal damit umgegangen, weil es auch ganz normal ist“, betont Flunger. Die nie Zweifel daran hatte, dass ihre Familie und die Athletinnen, mit denen sie seit jeher ein sehr enges Verhältnis pflegte, ganz gelassen damit umgehen würden. „Mir war immer klar, dass das nie ein Problem sein würde. Dieses Vertrauen war zu hundert Prozent da.“

Durch das Outing fiel auch eine Last ab, denn davor gab es immer „diesen Angstfaktor, ob deine Berufschancen danach noch die gleichen sind“, wie die 40-Jährige berichtet. Auf Dauer sei eine Geheimhaltung eine große Belastung für alle Beteiligten. „Es kostet einfach viel Energie, nicht offen zu sein, nicht man selbst sein zu können“, wie Dreisbach bestätigt.

Dass es hierzulande, aber auch international kaum offen schwule und lesbische Sportler gibt, finden beide schade. Aus ihrer Sicht braucht es mehr Leute, die sich trauen, zu ihrer Sexualität zu stehen. Sie wollen als gutes Beispiel dafür vorangehen. Denn eines ist für das Paar klar: „Irgendwann sollte das gar kein Thema mehr sein!“

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