Neue Signale im Krieg

Nehammer: „Putin gewährt Zugang zu Gefangenen“

Politik
27.05.2022 16:34

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat am Freitagnachmittag mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über den Krieg in der Ukraine telefoniert. Bei dem rund 45-minütigen Gespräch ging es auch um Möglichkeiten eines Gefangenenaustauschs und die Schaffung von sicheren Korridoren für Exporte von Saat- und Nahrungsmittel über Seehäfen. „Putin hat zugesichert, dass es für das Internationale Rote Kreuz Zugang zu Kriegsgefangenen geben wird“, informierte Nehammer im Anschluss an das Telefonat die anwesende Presse im Bundeskanzleramt.

Für ihn sei es wichtig, dass hier beide Seiten, also Russland und die Ukraine, dem Roten Kreuz Zugang gewähren, sagte Nehammer. Ihm zufolge sei dies von der Ukraine schon bestätigt worden. Österreich werde einen solchen Austausch von Kriegsgefangenen politisch jederzeit und mit all seinen Möglichkeiten unterstützen.

Humanitäre Hilfe
„Auf humanitärer Ebene tut Österreich alles, um die fürchterlichen Folgen des Krieges zu mildern, deshalb werden wir uns auch um schwer verletzte Zivilisten, Frauen und Kinder kümmern und sie medizinisch versorgen“, versicherte der Bundeskanzler.

„Es ist weiterhin wichtig, Wladimir Putin mit den Folgen seines Angriffskriegs zu konfrontieren“, sagte Nehammer vor seinem Telefonat mit Putin. (Bild: Krone KREATIV, AP, APA/Roland Schlager)
„Es ist weiterhin wichtig, Wladimir Putin mit den Folgen seines Angriffskriegs zu konfrontieren“, sagte Nehammer vor seinem Telefonat mit Putin.

Ebenso sei es wichtig, zu einer Lösung bei der Frage des Exports der ukrainischen Ernte zu gelangen, bevor diese vor Ort verrotte und es gleichzeitig in vielen Teilen der Welt zu einer Hungersnot komme. Laut Nehammer habe Putin im gemeinsamen Telefonat zugesichert, dass es sichere Korridore für Exporte über Seehäfen geben soll.

Nehammer: „Ernährungssicherheit ist Putin voll bewusst“
„Die Ernährungssicherheit ist dem russischen Präsidenten voll bewusst. Ziel ist es, ein Agreement zwischen der Ukraine und Russland herzustellen, dass Exporte - zum Beispiel von Düngemitteln und Saatgut - auf beiden Seiten möglich sind“, sagte Nehammer, der vor den globalen Folgen und einer Destabilisierung des Weltfriedens warnte.

Millionen Tonnen Weizen und Getreide
Es gehe um Millionen Tonnen Weizen und Getreide, die aus der Ukraine weggebracht werden müssten. Sein nunmehriges Gespräch mit Putin beschrieb Nehammer als „sehr intensiv, sehr ernst“. Putin habe vom Westen eine Aufhebung der Sanktionen verlangt. Der russische Präsident habe „seine Kriegslogik“. Ihm zufolge sei der Westen selbst verantwortlich, wenn sich der Krieg in der Ukraine verlängere, so Nehammer. „Putin neigt dazu, das aufzurechnen.“ Er erkenne aber auch die Dramatik der Situation, auch Russland suche weltweit Verbündete.

Ein Getreidespeicher im Westen der Ukraine (Bild: AP)
Ein Getreidespeicher im Westen der Ukraine

„Österreich steht auf der Seite der Ukraine“
Nehammer bezeichnete die Lage in der Ukraine - besonders im Osten - als dramatisch. „Es gibt schwere Verluste auf beiden Seiten“, so der Kanzler. Klar sei, dass Österreich auf der Seite der Ukraine stehe. Es sei weiterhin wichtig, Putin „mit den Folgen seines Angriffskrieges gegen die Ukraine zu konfrontieren“.

Bereits mit Guterres, Erdogan und Selenskyj ausgetauscht
Der ÖVP-Chef tauschte sich bereits am Donnerstag mit dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, und zuvor mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Ministerpräsident Denys Schmyhal und dem Präsidenten des Internationalen Roten Kreuzes, Peter Maurer, aus.

Hoffnung auf Istanbul-Format
Am Freitagvormittag telefonierte der Bundeskanzler mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, um über den Istanbuler Friedensprozess sowie die Frage der Ernährungssicherheit im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine zu sprechen. „Mit Erdogan habe ich die Istanbuler Gespräche erörtert, deren Weiterführung ich sehr unterstütze“, so Nehammer. Dieses Format sei bisher das einzige, in dem die Ukraine und die Russische Föderation miteinander gesprochen hätten.

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