Knalleffekt kurz vor Pfingsten: Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer verkündet seinen Rücktritt (siehe auch Video oben). Warum der 70-Jährige sein Amt jetzt niederlegt. Eine Analyse.
Mit dem für fast alle in und außerhalb der Partei überraschenden Schritt am Freitag hat Hermann Schützenhöfer gezeigt: Ich habe das Heft selbst in der Hand, ich entscheide über mein Berufsleben und nicht die Partei oder der Wähler, ich sorge für eine geordnete Nachfolge.
Enge Freunde Schützenhöfers berichten, er habe seiner Familie schon vor der letzten Landtagswahl im November 2019 versprochen, nicht die ganze Periode durchzumachen; seine Frau Marianne wäre damals entschieden gegen eine Kandidatur gewesen.
Es gibt nur Vollgas - oder gar nicht
Schützenhöfers Alter spielte bei seiner Entscheidung eine wichtige Rolle. Der 70-Jährige hat zunehmend gespürt, dass der hohe Arbeitseinsatz - quasi rund um die Uhr und an jedem Tag der Woche unterwegs - an der Gesundheit zehrt. Daraus die Konsequenz zu ziehen, ehrt den Landeshauptmann: Sein Amtsverständnis lautet: Vollgas oder gar nicht.
Wenn man ihn fragt, wie es ihm gehe, antwortet Schützenhöfer zumeist mit einem „Ganz gut“, um dann mit freudiger Stimme die Vielzahl der am Tag bereits absolvierten und noch oft bis tief in die Nacht anstehenden Termine aufzuzählen. Wenn seine Begleiter auf diesen Touren durch das ganze Land müde wurden, kam Schützenhöfer erst richtig in Fahrt.
Morddrohungen waren ernst zu nehmen
Ein weiterer Grund für den Abgang: Dem ausgefuchsten Politikstrategen ist klar, dass eine Wiederholung des zuletzt klaren Sieges bei der nächsten Landtagswahl unwahrscheinlich ist. Besser also am Höhepunkt zurücktreten als am Ende als Verlierer dastehen. Er weiß, dass in Parteien das Wort „Rückhalt“ oft unterschiedlich gelebt wird: Bist du erfolgreich, schenkt die Partei dir großen Rückhalt. Bist du nicht erfolgreich, wirst du schlimmstenfalls rückhaltlos abserviert.
Verfestigt hat sich Schützenhöfers Entscheidung während der Corona-Pandemie. Er hat von Impfgegnern und Verschwörungstheoretikern mehrfach ernst zu nehmende Morddrohungen erhalten und sagt: „Ich möchte kein Freiwild sein.“
Ziemlich bester Nachfolger
Das Loslassen fiel Schützenhöfer insofern leichter, als er glaubt, mit seinem Freund Christopher Drexler den ziemlich besten Nachfolger ausgewählt zu haben. Er traut Drexler zu, die Steiermark und die ÖVP als politischer Manager neuen Stils zu führen. Schützenhöfer wollte jedenfalls keinen Nachfolger, der in seine Fußstapfen tritt, sondern der seinen eigenen Weg geht.
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