Mit Verspätung:

Whistleblowing-Gesetz nun endlich in Begutachtung

Politik
03.06.2022 07:41

Österreich ist bei der Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie, die auf EU-Ebene längst beschlossen wurde, stark in Verzug geraten. Eigentlich hätte die Umsetzung ins nationale Recht schon bis Ende des Vorjahres erfolgen sollen. Am Freitag ist das entsprechende Whistleblowing-Gesetz - mit einem halben Jahr Verspätung - nun für sechs Wochen in Begutachtung geschickt worden, die türkis-grüne Bundesregierung mitteilte. Unternehmen ab 50 Mitarbeitern müssen künftig interne Meldestellen einrichten.

Die Arbeiterkammer (AK) befürchtete zuletzt, dass Hinweisgeber hierzulande unzureichend geschützt würden, wenn nur das EU-Recht zur Anwendung kommt und die Umsetzung nicht auf österreichisches Recht ausgedehnt wird. Der nun vorliegende Entwurf dient laut dem zuständigen Arbeitsministerium der Umsetzung der Whistleblowing-Richtlinie der Europäischen Union, die den Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern vorsieht, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden.

Beim Whistleblowing geht es um das Aufdecken und Weitergeben von Missständen oder kriminellen Machenschaften durch Insider, die meist als Mitarbeiter einen privilegierten Zugang zu Informationen haben. Angesichts mehrerer Skandale wie dem Facebook-Datenleck oder den sogenannten Panama Papers, die erst durch Whistleblower öffentlich geworden waren, legte die EU-Kommission im April 2018 einen Vorschlag zum einheitlichen Schutz der Hinweisgeber vor.

Der Gesetzesentwurf umfasst dem Arbeitsministerium zufolge die Schaffung von internen und externen Stellen zur auch anonym möglichen Meldung von Rechtsverletzungen in Lebensbereichen von besonderem öffentlichen Interesse. Auch sei der durch die EU vorgegebene Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern im Gesetzesentwurf enthalten.

„Als Arbeitsministerium haben wir uns dafür eingesetzt, dass alle Vorgaben der Europäischen Kommission im Gesetzesentwurf enthalten sind“, so ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher. „Dem Entwurf liegt aber auch der Anspruch zugrunde, finanzielle und personelle Mehrbelastungen, die durch die Errichtung von für die Hinweisgebung notwendigen Meldestellen entstehen, für alle betroffenen Institutionen und Unternehmen möglichst gering zu halten.“ Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhielten mehr Rechtssicherheit. Denn sie sollen in ihren Institutionen oder Unternehmen vor Repressalien geschützt werden können, wenn sie heikle Hinweise geben.

Kogler: „Schritt in Richtung mehr Transparenz“ 
„Die neue Regelung ist ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Transparenz“, so Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler. „Verstöße können so schneller als bisher erkannt und abgestellt werden.“ Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber seien künftig stärker geschützt - ihnen dürfe kein Nachteil entstehen. Durchs Aufzeigen von Missständen müssten künftig nicht mehr Job, Karriere und finanzielle Sicherheit aufs Spiel gesetzt werden. „Besonders positiv ist auch, dass die Meldungen an die zuständige Stelle anonym erfolgen können“, so Vizekanzler Werner Kogler.

Vizekanzler Werner Kogler (Bild: APA/HANS PUNZ)
Vizekanzler Werner Kogler

Das Gesetz umfasst die Errichtung von Meldestellen sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor. Bei letzterem sind Unternehmen betroffen. Firmen mit mindestens 50 Beschäftigten müssen Meldestellen im Betrieb einrichten. Bei diesen Stellen soll Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten nachgegangen werden, „unter anderem hinsichtlich der Einhaltung von Datenschutzbestimmungen oder Verstößen im öffentlichen Auftragswesen“, sagt Kocher. Der private Sektor erhalte aber auch eine externe, betriebsunabhängige Meldestelle, die im Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) angesiedelt werden soll.

Eine Unterscheidung zwischen internen und externen Meldestellen ist auch im öffentlichen Sektor geplant. Interne Meldestellen für den öffentlichen Sektor sind bei der Bundesdisziplinarbehörde einzurichten, eine externe Meldestelle wird ebenfalls beim BAK verortet.

Weitere Inhalte der Richtlinie sind unter anderem eine Abgrenzung der Personen und der Bereiche, die vom Hinweisgeberschutz umfasst sind, Verfahren zur Behandlung und Dokumentation von Hinweisen sowie regulative Vorkehrungen, um bereits etablierte Hinweisgebersysteme zu erhalten. „Zudem sieht der Gesetzesentwurf Verwaltungsstrafbestimmungen für die Behinderung und Unterdrucksetzung von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern sowie für die rechtswidrige Aufdeckung deren Identität vor“, so Kocher.

Zur Verspätung teilte die Bundesregierung mit, dass es zu dieser „aufgrund intensiver Verhandlungen und der Klärung vereinzelter offener Punkte“ gekommen sei. Außerdem hätten nur vier EU-Staaten die Richtlinie fristgerecht umgesetzt, wurde eigens betont.

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