Selenskyj: „Barbaren!“
Mehrere heftige Explosionen erschüttern Kiew
Die ukrainische Hauptstadt Kiew ist am Sonntag von mehreren Explosionen erschüttert worden. Nach bisherigem Stand wurde mindestens eine Person verletzt, die im Krankenhaus behandelt wird. „Mehrere Explosionen in den Stadtbezirken Darnyzky und Dniprowsky“, teilte Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko im Messengerdienst Telegram mit. „Die Rettungsdienste sind dabei zu löschen.“ Ein Augenzeuge berichtet Reuters, es sei nach den Explosionen auch Rauch in der Stadt zu sehen. Zuvor waren in weiten Teilen der Ukraine, auch in der Region Kiew, Luftschutzsirenen zu hören.
Getroffen wurden sowohl militärische als auch zivile Infrastruktur. Eine russische Rakete soll etwa über das Atomkraftwerk (AKW) Piwdennoukrainska geflogen sein. Dabei handelt es sich um das zweitgrößte AKW des Landes, rund 350 Kilometer südlich von Kiew. Laut russischem Militär wurden unter anderem Panzer getroffen, die Osteuropa lieferte, Kiews Bahnchef wies das zurück. Laut ihm schlugen jedoch vier Raketen in einem Werk für die Reparatur von Eisenbahnwaggons ein. Das genaue Ausmaß der Schäden ist noch unklar. Obwohl in der Hauptstadt immer wieder Fliegeralarm ist, gab es seit Wochen keine größeren Angriffe mehr.
Da dabei immer wieder kulturelles Erbe getroffen wird, fordert der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit Nachdruck den Ausschluss Moskaus aus der UNESCO. „Die UNESCO ist kein Platz für Barbaren“, sagte Selenskyj in seiner Videoansprache am Samstag in Kiew. Die russischen Truppen würden massenhaft Kulturdenkmäler, Kirchen und andere religiösen Stätten zerstören. Das sei Grund genug, das Land aus der Kultur- und Bildungsorganisation der Vereinten Nationen auszuschließen, sagte er.
113 Kirchen seien bereits zerstört oder beschädigt worden. Russland sei ein „Terrorstaat“, der mit seiner Artillerie das historische Erbe zerstöre. Schon Ende Mai hatte er den Ausschluss Russlands aus der UNESCO verlangt.
Selenskyj: „Unsere Helden halten die Stellung“
Seit Beginn des Kriegs am 24. Februar habe Russland bereits mehr als 2500 Raketen auf die Ukraine abgefeuert, klagte Selenskyj. „Unsere Helden halten die Stellung und tun alles, um dem Feind maximale Verluste zu verursachen.“ Mit Blick auf den Schwerpunkt der Kämpfe im Donbass in der Ostukraine meinte der Staatschef, es werde der Tag kommen, an dem Russland das Gebiet in Ruhe lassen werde. Dafür sei nur der Befehl eines Menschen entscheidend, sagte er, ohne Kremlchef Wladimir Putin in Moskau beim Namen zu nennen.
Hat Russland bald vollständige Kontrolle über das Gebiet Luhansk?
Selenskyj und der ukrainische Generalstab berichteten von schweren Kämpfen vor allem im Osten der Ukraine. Dort liegt ein Schwerpunkt im Gebiet Luhansk mit dem schwer umkämpften Verwaltungszentrum Sjewjerodonezk. Die blutigen Straßenkämpfe dauern an, sagte Selenskyj. Die ukrainischen Streitkräfte wollen weiter verhindern, dass die russischen Truppen dort komplett die Vorherrschaft übernehmen. Am Samstag wurden Teile der Asot-Chemiefabrik beschädigt, am selben Tag sollen russische Truppen zurückgedrängt worden sein. Laut dem Bürgermeister von Sjewjerodonezk, Olexandr Strjuk, würde es jedoch an Lebensmitteln, Treibstoff und Medikamenten mangeln. Fällt die Großstadt, hätte Russland ein wichtiges Kriegsziel erreicht: die vollständige Kontrolle über das Gebiet Luhansk. Gemeldet wurden auch russische Luftangriffe in der Region.
160 Leichen von Soldaten ausgetauscht
Die Ukraine und Russland übergaben nach Behördenangaben aus Kiew der jeweils anderen Seite die Leichen von 160 Soldaten. Der Austausch sei am 2. Juni entlang der Frontlinie im Gebiet Saporischschja erfolgt, hieß es. Nach ukrainischen Angaben laufen auch weiter Verhandlungen über den Austausch von Kriegsgefangenen auf beiden Seiten. In russischer Gewalt sind Tausende ukrainische Kämpfer, darunter die Verteidiger von Mariupol, die dort im Stahlwerk Asowstal die Stellung gehalten hatten, bis Kiew die Stadt im Mai aufgab.
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