Der über das Ibiza-Video gestolperte ehemalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache steht seit Dienstag wieder vor Gericht. Er muss sich zum zweiten Mal wegen Bestechlichkeit am Wiener Straflandesgericht verantworten. Sein Anwalt und der des mitangeklagten oberösterreichischen Immobilien-Unternehmers Siegfried Stieglitz sprechen von einer Freundschaft. Einladungen hätten keine Verbindung zu Ämtern gehabt, zumal der Kontakt auch nach Straches Rücktritt als Vizekanzler noch bestanden habe. Der Vorwurf: Strache soll Stieglitz für eine Spende an einen FPÖ-nahen Verein einen Asfinag-Aufsichtsratsposten verschafft haben.
Belastende Chat-Nachrichten gegen Strache
Strache wird von Chat-Nachrichten an beziehungsweise von Stieglitz belastet, die nach der Ibiza-Affäre ausgewertet worden sind. Die WKStA geht davon aus, dass Stieglitz schon 2017 bei Strache interveniert hatte, um einen Aufsichtsratsposten in einem staatsnahen Unternehmen an Land zu ziehen. Ab Oktober 2017 überwies der Steyrer Immobilien-Unternehmer dem FPÖ-nahen Verein „Austria in Motion“ in vier Tranchen zu je 2500 Euro insgesamt 10.000 Euro. Strache soll im Gegenzug dafür gesorgt haben, dass Stieglitz schließlich bei der Asfinag landete.
Im Prozess sagten die Angeklagten, dass Strache Stieglitz um eine Spende gebeten habe. Gelder aus dem Verein sollen auch an Strache geflossen sein, was derzeit ebenfalls ermittelt wird. Die Qualifikation von Stieglitz, der seinen Doktortitel nur ehrenhalber verliehen bekam, soll kein Kriterium für den Posten bei der Asfinag gewesen sein. Sein Anwalt stellt das anders dar.
Stieglitz ist laut eigener Aussage selbstständiger Unternehmer und verdient im Monat durchschnittlich 10.000 Euro. Hinzu kommt ein Privatvermögen von 6,9 bis 7 Millionen Euro. Strache ist heute Unternehmensberater und zudem selbstständig. Zu seinem Einkommen und Vermögen machte er keine Angaben. Für beide Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung.
Hat Hofer mehr Unrechtsbewusstsein als Strache?
Stieglitz soll laut Staatsanwaltschaft nicht nur Strache bestochen, sondern auch Hofer Vorteile angeboten haben wie eine Einladung in den Palazzo-Palast in Wien und einen Aufenthalt in Dubai. Während Hofer laut Stieglitz gleich abgelehnt und gesagt habe, dass das nicht gehe, habe Strache die Einladung zur Geburtstagsfeier nach Dubai angenommen. Zur endgültigen Absage kam es schließlich nach einem Gespräch mit Hofer. Laut Stieglitz‘ Anwalt Andreas Pollak sind Politikern weder Einladungen noch Parteispenden verboten, es könne nur um das Motiv gehen. Es gebe zudem keinen Hinweis darauf, dass Stieglitz pauschal alles bezahlt hätte. Hofer habe sich nicht bestochen gefühlt, sonst hätte er Stieglitz den Aufsichtsratsposten wieder weggenommen.
Freundschaft zwischen Strache und Stieglitz
Was die Beziehung zwischen Strache und Stieglitz betrifft, so hätten Einladungen den beiden Anwälten nach nichts mit dem Amt zu tun. Die beiden seien privat befreundet. Strache habe den Unternehmer ebenfalls zu seinem Geburtstag eingeladen und auch nach dem Ibiza-Video habe es Kontakt und Einladungen gegeben. So habe der Immobilien-Unternehmer den ehemaligen Politiker nach seinem Rücktritt in sein Haus in Südfrankreich eingeladen, um sich zu erholen. „Steh wieder auf, ich hab‘ dich lieb“, schrieb er damals an Strache. Stieglitz‘ Anwalt bat in seinem Eröffnungsplädoyer um einen Freispruch.
Am 26. Juli könnte bereits ein Urteil fallen. Am Freitag ist der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer, der Strache als FPÖ-Chef abgelöst hatte und mittlerweile selbst von Herbert Kickl abgelöst wurde, als Zeuge geladen. Gegen Hofer hatte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in dieser Causa ebenfalls ermittelt. Denn er war Infrastrukturminister, als Stieglitz Anfang März 2018 einen Sitz im Aufsichtsrat der Asfinag übernahm. Die WKStA konnte aber nicht nachweisen, dass Hofer von den inkriminierten Vorgängen wusste, weshalb das Verfahren gegen ihn eingestellt wurde. Laut Stieglitz habe ihm der Nationalratspräsident auch ein Aufsichtsratsmandat in einem staatsnahen Unternehmen versprochen, er habe an die ÖBB gedacht.
Die beiden Angeklagten bekennen sich nicht als schuldig. Der Unternehmer habe in seinem Leben „stets den geraden Weg gewählt“ und sei völlig unbescholten. Sollten Strache oder Stieglitz wegen Bestechlichkeit (ab 3000 Euro möglich) verurteilt werden, drohen sechs Monate bis fünf Jahre Haft.
Strache bekämpft bereits ein Urteil wegen Bestechlichkeit
Eine Verurteilung wegen Bestechlichkeit bekämpft Strache (wie auch die WKStA) bereits. In einem ersten Strafprozess nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos war er Ende August 2021 im Zusammenhang mit der Affäre um den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (Prikraf) zu 15 Monaten bedingt verurteilt worden. In dem Verfahren war es um einen vermuteten Gesetzeskauf im Zusammenhang mit der Privatklinik Währing gegangen, der Klinik-Betreiber hatte der Bundes-FPÖ insgesamt 12.000 Euro gespendet. Dieses Urteil ist allerdings nach wie vor nicht rechtskräftig.
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