„Long Johns“

Elektro-Lastenräder im Test: Nicht alle sind „gut“

Motor
09.06.2022 11:56

Elektro-Lastenräder sind immer mehr auf unseren Straßen zu sehen - und angesichts der hohen Spritpreise werden es wohl noch schneller mehr werden. Der ÖAMTC hat nun sechs einspurige, sogenannte „Long Johns“ getestet, die in einem gewissen Anforderungsbereich eine praktische Alternative zum Auto sein können.

(Bild: kmm)

Erst vergangenes Jahr hat der ÖAMTC bereits zweispurige Lastenräder getestet: Hier geht’s zum Testbericht!

Einspurige zeichnen sich dadurch aus, dass sie eben nur ein einzelnes Vorderrad haben. Dadurch sind sie in der Regel schmaler, dafür aber deutlich länger. Getestet wurde in den Kriterien Fahren, Handhabung und Komfort, Antriebssystem und Motor sowie Sicherheit und Verarbeitung. Außerdem wurde der Schadstoffgehalt jener Bauteile und Bezüge geprüft, mit denen die (Mit-)Fahrer Kontakt haben (vor allem Lenkergriffe, Sattel, Sitzauflagen und Gurte).

Urban Arrow Family (Bild: ÖAMTC)
Urban Arrow Family
Der Testsieger: Muli e-muli st (Bild: ÖAMTC)
Der Testsieger: Muli e-muli st

Nachdem es beim Test des vergangenen Jahres teilweise Probleme mit den Bremsen gegeben hatte, ist ÖAMTC-Techniker Steffan Kerbl dieses Mal zufrieden: „Speziell die Fahreigenschaften und die elektrischen Antriebssysteme lassen wenig zu wünschen übrig, wobei es durchaus Unterschiede zwischen den einzelnen Modellen gibt. Erfreulich ist auch, dass die Hersteller bei den Bremssystemen ihre Hausaufgaben gemacht haben. Das ist aufgrund der relativ hohen Geschwindigkeiten, die mit den schweren Lastenrädern erreicht werden können, besonders wichtig.“

Zwei Kandidaten sind gut
Testsieger und eines von zwei mit „gut“ bewerteten Produkten ist der „e-muli st“, der durch das beste Fahrverhalten aller Modelle, die gute und komfortable Ausstattung und einen praktischen, weil faltbaren, Korb überzeugt. „Die guten Fahreigenschaften haben auch damit zu tun, dass dieses Modell relativ kurz ist und sich damit am ehesten wie ein normales Fahrrad bedienen lässt“, hält Kerbl fest. „Dadurch ist auch der Wendekreis vergleichsweise klein. Ein Vorteil, wenn man einen Abstellplatz hat, zu dem der Weg etwas verwinkelter ist.“ Größter Kritikpunkt: Zum Abstellen mit dem Hauptständer muss das Rad hinten angehoben werden, was etwas umständlich sein kann. Überraschend ist hingegen, dass der relativ kleine Korb ohne Einschränkungen zum Transport von Kindern geeignet ist.

Mit „gut“ wurde auch das Urban Arrow Family beurteilt, das deutlich größer und schwerer und dadurch etwas komplizierter zu beherrschen ist - dafür aber mehr Raum für Zuladung bietet. „Auch hier haben wir Probleme mit dem Hauptständer festgestellt. Der ist zwar per se gut gestaltet, lässt sich aber viel zu leicht einklappen, was durchaus ‚Umfallgefahr‘ beim Beladen birgt.“

Schadstoffbelastung am Lastenrad
Ein Punkt, den der e-muli “st„ der Konkurrenz voraushat: Alle anderen Testräder waren an verschiedenen Stellen mit Schadstoffen belastet. Am schlimmsten trifft es das Lastenrad von Bullitt (eBullitt 6100). “Hier wurde in Teilen der Kindersitz-Gurte eine Belastung mit den Weichmachern DEHP und DBP festgestellt. Ersterer ist als fortpflanzungsgefährdend eingestuft und in Spielzeugen seit Jahren verboten„, stellt Kerbl klar.

„Die Schadstoffbelastung der Gurt-Enden, die von Kindern leicht in den Mund genommen werden können, schlägt voll auf die Gesamtwertung durch und führt zum ‘nicht genügend‘ für dieses Modell. Schade, denn ohne dieses Problem hätte es für ein ‘gut‘ und Platz 2 im Test gereicht - und das trotz eines leichten Mankos bei den Bremsen.“ Auch in den übrigen Modellen wurden Schadstoffe gefunden, allerdings nicht in einem Ausmaß, das eine Abwertung rechtfertigen würde - deutlichen Nachbesserungsbedarf sieht ÖAMTC-Techniker Kerbl hier aber dennoch.

(Bild: ÖAMTC)

Kindertransport am E-Lastenrad?
Ein Augenmerk des Tests lag diesmal speziell auf der Möglichkeit, Kinder auf dem E-Lastenrad mitzunehmen. „Möglich ist das mit allen Modellen - dabei ist aber zu beachten, dass es eine Helmtragepflicht für Kinder gibt“, hält der Experte fest. Wichtig ist außerdem, dass Kinder schon stabil und allein aufrecht sitzen können müssen, wenn man sie am E-Lastenrad mitnimmt, und dass man sie mit einem Gurt sichern kann. Hier kommen einige Testkandidaten an ihre Grenzen, beispielsweise ist beim CARGO Plus E-Bike von Prophete das aufrechte Sitzen platzbedingt nur für ein Kind und bis zu einer gewissen Größe möglich. Andere Probleme in diesem Zusammenhang: Beim Babboe City-E ist das Gurtsystem etwas zu schmal und instabil ausgelegt, beim Triobike Cargo gibt es Verbesserungsbedarf bei der Einstellung der Schultergurtlänge.

Tipps für den Kauf eines E-Lastenrades
Ob man sich für ein ein- oder mehrspuriges Modell entscheidet, hängt von der persönlichen Präferenz ab. Kerbl nennt folgende Entscheidungskriterien:

  • Einspurige Modelle sind gut für die Kinderbeförderung geeignet. Ansonsten haben sie Vorteile, wenn man oftmals auf unebenen bzw. abschüssigen Wegen unterwegs ist - und ab und an auch etwas sportlicher fahren möchte.
  • Für ein zweispuriges E-Lastenrad sollte man sich entscheiden, wenn man speziell beim Beladen Wert auf einen sicheren Stand legt. Ein solches Modell eignet sich ferner eher für eine gemütliche Fahrt mit regelmäßigen Zwischenstopps - und eher für den Transport von Lasten als zur Mitnahme von Kindern.
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(Bild: kmm)



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