Reihe von Verstößen

Wahlkampf, Finanzen: Rechnungshof zerpflückt ÖVP

Politik
10.06.2022 11:31

Der Rechnungshof (RH) ortet Zweifel an der Wahlkampf-Abrechnung der ÖVP für das Jahr 2019. In ihrem Rechenschaftsbericht habe die Volkspartei erklärt, die Wahlkampfkosten-Obergrenze in Höhe von sieben Millionen Euro eingehalten zu haben. Nach dem Kontrollverfahren hätten sich für den RH aber Anhaltspunkte für die Vermutung ergeben, dass diese Erklärung nicht zutreffend ist, heißt es.

Die Prüfer bezweifeln, dass die Volkspartei die Wahlkampfkosten korrekt abgerechnet hat. Deshalb setze man erstmals einen Wirtschaftsprüfer ein, der den Auftrag erhält, die Angaben der Volkspartei zu prüfen. Beispielsweise sei es für den Rechnungshof mit der politischen Lebenswirklichkeit schwer in Einklang zu bringen, dass für die Nationalratswahl deutlich weniger ausgegeben worden sein soll als für die ebenfalls im Jahr 2019 abgehaltene EU-Wahl. Die ÖVP habe vollen Zugang und Einsicht in die erforderlichen Unterlagen zu gewähren, heißt es seitens des Rechnungshofes.

Der Rechnungshof schickt erstmals einen Wirtschaftsprüfer in die ÖVP-Parteizentrale. (Bild: APA/Georg Hochmuth)
Der Rechnungshof schickt erstmals einen Wirtschaftsprüfer in die ÖVP-Parteizentrale.

RH: Seniorenbund-Vereine Teil der ÖVP
Außerdem wertet der Rechnungshof die mit Corona-Hilfsmitteln geförderten Vereine es ÖVP-Seniorenbundes als Teil der ÖVP. Zwar hat sich der RH noch nicht mit den Corona-Förderungen für die ÖVP-Seniorenorganisation befasst - sehr wohl aber mit der Frage, ob die Seniorenvereine tatsächlich (wie von den Türkisen behauptet) nicht als Teil der Parteiorganisation gelten.

Der Sitz des Rechnungshofs in Wien (Bild: APA/Herbert Pfarrhofer)
Der Sitz des Rechnungshofs in Wien

Anders als die ÖVP geht der Rechnungshof davon aus, dass die Vereine der Partei zuzurechnen sind. Ihre Einnahmen und Ausgaben müssten daher in der Parteibilanz aufscheinen. Weil dies 2019 nicht der Fall war, hat der Rechnungshof den Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) im Kanzleramt gebeten, diese Frage nun zu prüfen.

Inserate in „Vorarlberger Wirtschaft“ sind Parteispende
Ebenfalls beim Parteien-Senat angezeigt hat der Rechnungshof die Inseraten-Affäre des Vorarlberger Wirtschaftsbundes. Die Prüfer werten Inserate im Wert von 1,3 Millionen Euro als Parteispenden. Zumindest ein Teil davon könnte unzulässigerweise an die ÖVP geflossen sein - nämlich dann, wenn die Spendengrenze von 7500 Euro überschritten wurde oder wenn sie von staatlichen Einrichtungen oder von Firmen mit zumindest 25 Prozent Staatsbeteiligung gekommen sind.

ÖVP: „Obergrenze auf Punkt und Beistrich eingehalten“
In einer ersten Reaktion hieß es seitens der Parteizentrale, man sehe einer Prüfung durch den vom RH bestellten Wirtschaftsprüfer gelassen entgegen. Die Volkspartei habe alle Kosten der Wahlkämpfe 2019 lückenlos und korrekt angegeben und die dafür notwendigen Unterlagen an den Rechnungshof geliefert. „Ebenso wie in der Vergangenheit sind wir auch jetzt kooperativ, es wurden alle Nachfragen des Rechnungshofes umfassend und gewissenhaft beantwortet. Die Volkspartei hat nicht das Geringste zu verbergen, die Obergrenze für beide Wahlkämpfe wurde auf Punkt und Beistrich eingehalten und sogar unterschritten.“

„Wie wir dem Rechnungshof übermittelt haben, haben wir sowohl bei der EU-Wahl im Mai 2019 als auch bei der Nationalratswahl im September 2019 die jeweiligen Wahlkampfkosten-Obergrenzen nicht überschritten. Die Nationalratswahl und die EU-Wahl sind nicht miteinander vergleichbar und haben beide verschiedene Kostenstrukturen“, so die ÖVP.

NEOS: RH-Bericht bestätigt Korruptionsproblem der ÖVP
Als „verheerend“ bezeichnet NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos den aktuellen RH-Bericht: Der bestätige erneut, dass die ÖVP „vollkommen unverschämt und eigennützig“ mit Steuergeld hantiere. „Sie trickst, sie täuscht, sie gibt falsche Zahlen an, nur um sich nicht an die für alle Parteien geltenden Spielregeln halten zu müssen. Die ÖVP hält die Menschen am Schmäh und meint, mit ihren Schummeleien durchkommen zu können“, so Hoyos in einer Aussendung.

NEOS-Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (Bild: APA/Herbert Neubauer)
NEOS-Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff

Von Bundeskanzler Karl Nehammer, der 2019 ÖVP-Generalsekretär war, erwartet Hoyos, dass dieser für sofortige Aufklärung sorgt. „Der Bericht beweist einmal mehr, dass die ÖVP ein Korruptionsproblem hat“, so der NEOS-Mandatar. Der Kanzler müsse jetzt die Fakten auf den Tisch legen und für lückenlose Transparenz sorgen.

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