Erbittert wurde Jahrzehnte um die Autonomie Südtirols gerungen. Heute ist sie ein Vorzeigemodell. Die Außenminister gedachten gestern der Streitbeilegungserklärung vor 30 Jahren.
Am 11. Juni vor 30 Jahren wurde vom damaligen Außenminister Alois Mock eine „Streitbeilegungserklärung“ an den italienischen Botschafter in Wien übergeben. Das Datum war wohl nicht zufällig gewählt: Wiederum 30 Jahre zuvor, in der Nacht auf den 12. Juni 1961, hatten Aktivisten in ganz Südtirol 37 Strommasten in die Luft gejagt (siehe weiter unten).
Hintergrund war die nur bruchstückhaft umgesetzte Südtirol-Autonomie, die dem Land 1946 im Gruber-De-Gasperi-Abkommen zugesichert worden war und in dem Österreich die Funktion einer Schutzmacht zugestanden wurde. Bruno Kreisky brachte die Südtirol-Frage 1960 in seiner Funktion als Außenminister vor die UNO in New York.
Konflikt wurde 1992 beigelegt
Unzählige Verhandlungsrunden später legten Österreich und Italien im Juni 1992 den Konflikt schließlich bei. „Die Streitbeilegung war das Ende eines komplexen Prozesses. Sehr viel menschliches Leid ist dem vorausgegangen“, sagte Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg bei einer Jubiläumsveranstaltung gestern in Bozen, zu der der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) geladen hatte.
Es war dies eine Zeit voller Probleme und Hürden, von Gewalt und Gegengewalt, von bitteren Kränkungen, Hoffnungen und Enttäuschungen.
Außenminister Alexander Schallenberg
„Es war dies eine Zeit voller Probleme und Hürden, von Gewalt und Gegengewalt, von bitteren Kränkungen, Hoffnungen und Enttäuschungen. Auch dieser Umstände gedenken wir heute“, sagte Schallenberg im Beisein seines italienischen Amtskollegen Luigi Di Maio.
Südtirol heute europäisches Vorzeigemodell
Die Autonomie Südtirols gelte mittlerweile als europäisches Vorzeigemodell und Musterbeispiel für die einvernehmliche Lösung von Minderheitenfragen„, betonte Schallenberg und regte Gespräche über einen weiteren Ausbau an: Der Idealzustand sei erst dann erreicht, wenn er “nichts weiter tun müsste als festzustellen, dass alles prächtig läuft„.
1948 hatte Rom das erste Autonomiestatut erlassen, gleichzeitig aber mit einer “Italianisierung Südtirols„ begonnen. Nach der Intervention Kreiskys 1960 bei der UNO dauerte es bis 1972 zum zweiten Autonomiestatut. Dieses galt 1992 als umgesetzt.
Hintergrund: Der lange Widerhall der Bombennacht
Trotz des Schutzabkommens 1946 und Autonomiestatut 1948 war in den Folgejahren in Südtirol die deutsche Sprache der italienischen untergeordnet. Bei der Vergabe öffentlicher Stellen wurden italienische Bewerber bevorzugt.
Die Unzufriedenheit wuchs, radikale Gruppen versuchten ihre Forderungen mit Gewalt durchzusetzen: 1956 kam es zu den ersten Sprengstoffanschlägen auf Einrichtungen, die dann in der “Herz-Jesu-Nacht„ von 11. auf 12. Juni 1961 ihren Höhepunkt fanden: Gezielt wurden 37 Strommasten gesprengt, davon 19 im Raum Bozen. In einer weiteren Aktion wurden Oberleitungen gesprengt, sodass Fernzüge auf offener Strecke stehenblieben.
Ziel der Attentäter war, Italien unter Druck zu setzen und international auf das “Südtirol-Problem" aufmerksam zu machen. Italien griff durch, nahm mehr als 150 Aktivisten fest, einige klagten über Folter. 94 wurden 1963 wegen Mord angeklagt, weil ein Straßenarbeiter getötet wurde, als er eine Bombe fand. Unter Historikern sind die politischen Folgewirkungen der Feuernacht umstritten.
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