Prozess in Innsbruck

Das sagen die Ärzte zum Drogentod von Melina (13)

Tirol
12.06.2022 09:57

Vor etwa zwei Jahren starb Melina (Name geändert) an einer Drogen-Überdosis. Der Vater der damals 13-Jährigen prozessiert gegen die Tirol Kliniken. Am Freitag fand in Innsbruck die erste Verhandlung zu dem Tod des Mädchens statt. Neben Vater und Tante sagten auch Ärzte, Psychologen und eine Betreuerin aus.

Am 12. August 2020 starb Melina an einer Überdosis. Die Familie hatte mehrmals um stationäre Aufnahme gebettelt - ohne Erfolg. Denn ohne den Willen des Mädchens durfte sie niemand festhalten. Zwangsunterbringung ist nur möglich, wenn Fremdgefährdung, Suizidalität oder eine Gesundheitsgefährdung samt diagnostizierter Grunderkrankung gegeben sind.

Der Vater von Melina klagt die Tirol Kliniken. Streitwert: 20.000 Euro Trauergeld. Vor allem aber will er die Einsicht des Gesundheitspersonals, dass man Melina wegen Selbstgefährdung hätte unterbringen müssen. Und dass so etwas nicht mehr passiert.

Zitat Icon

Auch aus heutiger Sicht durfte ich sie damals aus rechtlichen Gründen nicht da behalten.

Eine Ärztin vor Gericht

Eine Ärztin in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Hall, die am 3. August 2020 Melina untersuchte, fand vor Gericht klare Worte: „Auch aus heutiger Sicht durfte ich sie damals aus rechtlichen Gründen nicht da behalten.“ Eine akute Suizidalität sei nicht gegeben gewesen.

„Sie hatte nicht vor, sich umzubringen“
Markus Abwerzger, Anwalt der Familie, führt aus, dass das Melinas vierte Einlieferung in fünf Monaten gewesen sei. „Für mich war offensichtlich, dass sie nicht vorhatte, sich umzubringen“, erklärt auch die Psychologin, die am 3. August ein langes Gespräch mit dem Mädchen führte. Vom Klagevertreter auf die Ritzwunden angesprochen, sagte sie: „In meiner Erinnerung war das etwas, das sie immer wieder tut, aber ja ...“

Zitat Icon

Sie hatte das Herz auf der Zunge und hätte uns gesagt, wenn sie vorgehabt hätte, sich umzubringen.

Eine Psychologin

Suizidal sei Melina auch laut einer Psychologin nicht gewesen, die mit dem Mädchen im Juli und vor der letzten Entlassung am 5. August sprach: „Sie hatte das Herz auf der Zunge und hätte uns gesagt, wenn sie vorgehabt hätte, sich umzubringen.“

Problem sei laut der Ärztin das Gesetz
Laut der vorhin erwähnten Ärztin dürfe man jemanden nur bei akuter, nicht bei chronischer Selbstgefährdung zwangsunterbringen. „Meine persönliche Einschätzung von ,akut’ ist circa 12 bis 24 Stunden“, so die Medizinerin. Das Problem sei laut der Ärztin das Gesetz: „Wir haben kein Unterbringungsgesetz, das den fürsorglichen Aspekt abdeckt. Man stellt Freiheit über Fürsorglichkeit. Ich kann das nicht ändern.“

Am 16. September wird am Landesgericht Innsbruck wieder verhandelt und unter anderen der Arzt vernommen, der Melina am 5. August entließ. Eine Woche vor ihrem Drogentod – im Alter von nur 13 Jahren.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Tirol



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt