Energie-Revolution?

Biegsame Solarzellen stehen vor Massenproduktion

Elektronik
14.06.2022 15:44

Sogenannte organische Solarzellen, die im Gegensatz zu den gängigen Modellen auf Siliziumbasis biegsam sind und in verschiedenste Formen gebracht werden können, stehen kurz vor der Massenproduktion: Ein deutsches Start-up und der japanische Ricoh-Konzern bereiten die industrielle Fertigung vor - und könnten den Photovoltaik-Markt mit den neuen Zellen revolutionieren.

Das berichtet die japanische Wirtschaftszeitung „Nikkei“. Bei Ricoh soll demnach im Fiskaljahr 2023 zunächst im kleinen Stil die Massenproduktion anlaufen. Auch beim deutschen Start-up Heliatek will man noch heuer in die Massenproduktion starten, in der ersten Phase will man jährlich 600.000 Quadratmeter flexible Solarzellen produzieren. Später soll die Produktion auf bis zu 1,1 Millionen Quadratmeter gesteigert werden.

Weniger effizient, aber langlebig und günstig
Organische Solarzellen werden hergestellt, indem Photovoltaik-Material auf einen flexiblen Träger - meist Plastikfolie oder andere biegsame Substrate - aufgebracht wird. Sie sind mit 10 bis 15 Prozent zwar nicht so effizient wie konventionelle Solarmodule, dafür soll die Fertigung kostengünstiger und die Lebensdauer (20 Jahre oder mehr) höher sein. Die flexiblen Zellen sollen auch weniger Schadstoffe enthalten. 

Dass sie in Innenräumen nicht an Leistung verlieren, macht sie interessant als Stromlieferant für Smart-Home-Technik oder Kleinverbraucher wie Fernbedienungen. Auch Gewichtseinsparungen sprechen für organische Solarzellen. Derzeit wiegt Heliateks Lösung rund zwei Kilo pro Quadratmeter - das Gewicht soll, wenn die Technik reift, noch sinken. 

Nutzbar, wo Silizium-Zellen an Grenzen stoßen
Im größeren Maßstab könnten organische Solarzellen somit überall dort zum Einsatz kommen, wo klassische Silizium-Module zu schwer wären oder, weil sie nicht biegsam sind, gar nicht montiert werden könnten. Heliatek denkt etwa an Kuppeldächer oder Industriebauwerke. Hier könnten organische Solarzellen - sie können sogar bedarfsgemäß eingefärbt werden - bisher nicht zur Energiegewinnung verwendbare Flächen nutzbar machen.

Organische Solarzellen werden hergestellt, indem Photovoltaik-Material auf einen flexiblen Träger - meist Plastikfolie oder andere biegsame Substrate - aufgebracht wird. (Bild: Heliatek)
Organische Solarzellen werden hergestellt, indem Photovoltaik-Material auf einen flexiblen Träger - meist Plastikfolie oder andere biegsame Substrate - aufgebracht wird.

Heliateks Vision: Künftig könnten alle nur denkbaren Gebäude - und zwar, siehe Video, nicht nur die Dächer - mit den flexiblen Solarzellen bestückt werden, um zur Produktion erneuerbarer Energie beizutragen. Wo es möglich ist, dürften aufgrund ihrer höheren Effizienz zwar weiterhin Solarmodule aus Silizium zum Einsatz kommen. In vielen Szenarien könnten die Vorteile der organischen Solarzellen - geringes Gewicht, flexible Nutzung, hohe Lebensdauer, günstiger Preis - aber durchaus für sie sprechen. 

Langlebiger als Perowskit-Solarzellen
Auch gegenüber den ebenfalls vielversprechenden Perowskit-Solarzellen - krone.at berichtete - hätten die organischen Zellen Vorteile: Sie sollen haltbarer sein, außerdem hofft man auf mehr Flexibilität in der Fertigung. Hintergrund: Schätzungen über die Anzahl potenziell für organische Solarzellen nutzbare Materialien belaufen sich auf mehrere Hunderttausend, verglichen mit nur einer Handvoll bei Perowskit-Zellen.

Die Branche hofft auf einen rasant wachsenden Markt: Laut dem Marktforscher Fuji Keizai könnte sich der weltweite Markt für organische Solarzellen bis 2035 auf eine halbe Milliarde US-Dollar verfünffachen.

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