In den vergangenen Wochen hieß es für Zugreisende ohne Reservierung immer wieder „Bitte aussteigen!“. Wegen Überfüllung. Was macht man als Betroffener in dieser Situation und welche Recht hat man? Gemeinsam mit der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte klärt die Ombudsfrau über Ihre Ansprüche auf.
Bahnunternehmen haben eine gesetzliche Beförderungspflicht. Von der darf nur aus wichtigen Gründen abgewichen werden. Etwa, wenn die Sicherheit des Zuges nicht mehr gewährleistet ist. Aber: „Nur bei Reservierung besteht grundsätzlich Anspruch, mit einem gewissen Zug transportiert zu werden“, erklärt Maria-Theresia Röhsler, Leiterin der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (apf). Wie sieht es nun im Detail aus?
Die Vorgehensweise bei Standardtickets
Wer bei den ÖBB ein Standardticket besitzt und mangels einer Reservierung aus einem überfüllten Zug aussteigen muss, kann im Gültigkeitszeitraum jeden anderen Zug auf der gebuchten Strecke nehmen. Bei dieser Ticketart darf die Fahrt sogar unterbrochen und zu einem späteren Zeitpunkt (innerhalb der Gültigkeit) fortgesetzt werden. Anders sieht das bei zuggebundenen Tickets aus.
Was tun bei ÖBB-Tickets mit Zugbindung?
Mit zuggebundenen Tickets, also Fahrkarten für einen bestimmten Zug (z. B. Sparschiene), hat man keine Garantie, mitgenommen zu werden. Bei Überfüllung und ohne reservierten Sitzplatz muss man trotzdem aussteigen. „Zuggebundene Tickets müssen aber für Folgezüge gutgeschrieben werden. Diesbezüglich wendet man sich an Zugbegleiter oder den nächsten Schalter“, so apf-Chefin Röhsler weiter.
Wer nicht fahren will: Keine Erstattung, aber Gutschein
Wenn man mit dem gewünschten Zug nicht fahren darf und deshalb die Fahrt nicht mehr antreten will, wird das Ticket nicht erstattet. „Ein Ausweichen auf eine andere Verbindung ist kein Rücktrittsgrund. Betroffene erhalten jedoch aus Kulanz einen 25-Euro-Gutschein, den sie sich beim Ticketschalter ausstellen lassen können“, erklärt ÖBB-Sprecher Daniel Pinka auf Anfrage.
Überfüllung bei Westbahn bisher kein Thema
Standardtickets kann man am Reisetag bzw. am Folgetag in jedem Zug nutzen. Im Falle einer Überfüllung könne man auch zuggebundene Tickets ohne Problem in einem anderen Zug am gewählten Tag nutzen. Wobei man die Frage für theoretisch hält. „Dass ein Zug so voll ist, dass niemand mehr einsteigen kann, werde kaum vorkommen bzw. sei das in den letzten zehn Jahren nie passiert“, so die Westbahn. Seit Kurzem bietet man auch eine „Mitfahrgarantie“.
Westbahn wirbt mit „Mitfahrgarantie“
Das Versprechen: Alle Reisenden, die mit gültigem Ticket zu einem Zug kommen, dürfen garantiert mit diesem mitfahren. Doch ganz fix ist bekanntlich nichts. Sollte man im Ausnahmefall wegen Überlastung nicht mehr in den Zug einsteigen können, kann man die nächste Verbindung nehmen. Und erhält den doppelten Fahrpreis als Gutschrift erstattet, Klimaticketbesitzer bekommen doppelte Westpunkte.
Welche Entschädigungsansprüche man hat
Fahrgäste mit Reservierung oder zuggebundenem Ticket haben alle fahrgastrechtlichen Ansprüche, wenn sie wegen Überfüllung aussteigen müssen. Etwa Entschädigungsverspätung für Einzelfahrkarten. Ab 60 Minuten 25%, ab 120 Minuten die Hälfte des Ticketpreises. Bei Jahreskarten gibt es keine unmittelbare Kompensation. Hier zählt ein Pünktlichkeitsgrad, bei dessen Unterschreitung am Gültigkeitsende der Karte eine Entschädigung zusteht.
Schlechtere Position bei Standardtickets
Sofern im Einzelfall Anspruch besteht, kann auch eine alternative Fahrt, Verpflegung, Taxi oder Unterkunft zustehen. Eine schlechtere bzw. rechtlich unklare Rechtsposition haben Besitzer eines Standardtickets. Maria-Theresia Röhsler dazu: „Jedenfalls hat man Anspruch auf die Beförderung mit einem anderen Zug innerhalb der Geltungsdauer des Tickets“. Die konkrete Anwendung der Fahrgastrechte ist aber strittig. Es komme auf den Einzelfall bzw. auch auf ein Entgegenkommen des Unternehmens an.
Wo man seine Forderung geltend macht
Anträge können bis ein Jahr nach Ende der Gültigkeit des Tickets eingereicht werden. Man kann zwischen Gutschein oder Geldbetrag wählen, wobei die ÖBB laut apf bei einem Gutschein freiwillig 10% zusätzlich geben. Außerdem müssen Fahrkarten anderer Unternehmen weitergeleitet werden. Werden etwa Tickets der Deutschen Bahn bei den ÖBB abgegeben, müssen die Österreicher den Antrag an die deutschen Kollegen weiterleiten.
Entschädigung per Antrag
Bei den ÖBB muss eine Verspätungsentschädigung beantragt werden. Online via Kontaktformular oder Fahrgastrechte.Bot (ein Computerprogramm, das automatisiert vordefinierte Ausgaben ausführt), per Post oder am Ticketschalter. Bei Westbahn oder Regiojet, das Unternehmen bietet u. a. Verbindungen zwischen Wien und Prag, ist für eine Gutschrift keine Antragstellung nötig. Nur, wenn man eine Auszahlung wünscht, muss man diese beantragen.
Was apf-Chefin Röhsler rät
„An Tagen, an denen eine hohe Auslastung zu erwarten ist oder man zu einem wichtigen Termin reist, empfiehlt es sich, eine Reservierung vorzunehmen“, rät die Leiterin der apf. Nähere Informationen und Hilfestellung bietet die apf kostenlos und provisionsfrei! Gerne können Sie sich bei einem Problem mit einem Bahnunternehmen auch an die Ombudsfrau wenden.
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