Medienmacher Wolfgang Fellner verlor erneut einen Prozess gegen Moderatorin Katia Wagner. Das noch nicht rechtskräftige Urteil ist durchaus bemerkenswert und hat weitreichende Folgen.
Eine einzige Sache dürfte Wolfgang Fellner am jüngsten wegweisenden Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen freuen: Er wird als „sehr bekannte Persönlichkeit in Österreich“ und insofern eine Person des öffentlichen Lebens bzw. eine Person der Zeitgeschichte („public figure“) gesehen. Damit hat es sich aber auch schon, und darin liegt auch die Urteilsbegründung - einmal mehr verlor Fellner einen von ihm angestrengten Prozess gegen Moderatorin Katia Wagner.
„Mini-Weinstein“ am Moderatorinnen-Handy
Zur Erinnerung: Wagner wurde von Fellner sexuell belästigt, damals war sie 26, er 60. Sie kündigte. Jahrelang war Ruhe, bis sie in einem Prozess, den eine Kollegin aus ähnlichen Motiven gegen Fellner angestrengt hatte, als Zeugin aussagte. Dann begann ein gegenseitiger Prozessreigen - bei dem die Moderatorin Audio-Mitschnitte der Begehrlichkeiten des „Mini-Weinsteins“ (der amerikanische Filmmogul, der die #MeToo-Debatte auslöste, Anm.) Fellner von ihrem Handy vorlegte.
Zivilklage abgewiesen
Diese waren nun Gegenstand des Zivilverfahrens - Fellner klagte einmal mehr und wurde abgewiesen! Die richterliche Begründung gilt nach Michael Rami, Wagner-Anwalt und Verfassungsrichter, als „Meilenstein“. Denn sie besagt, dass sich Katia Wagner nicht anders gegen die „public figure“ Fellner mit all seiner Medienmacht und seinem Einfluss hätte wehren können, als diese Aufnahme als Beweis vorzulegen. Zumal er ihre Behauptungen nicht nur vor Gericht abgestritten hatte, sondern auch in seinem bunten Blatt.
Seine Klagsbegründung - Aufnahmen ohne Einverständnis seien rechtswidrig - lief ins Leere: Wagners subjektives Interesse, nicht als Lügnerin dargestellt zu werden, sei höherwertig als die verletzte Privatsphäre des Klägers. Sie brauchte diese Aufnahmen unbedingt, um zu dokumentieren, dass diese Gespräche genauso stattgefunden haben. Ihr Interesse, „Missstände und Verfehlungen einer Person der Zeitgeschichte zu dokumentieren“, leitet sich aus dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung ab, so Richter Ulrich Pesendofer im schriftlichen, noch nicht rechtskräftigen Urteil (58 Cg 9/22b-28). Ein Urteil, das manche nun zittern lassen könnte ...
Laut § 120 des Strafgesetzbuches ist der Missbrauch von Tonaufnahme- und Abhörgeräten ohne Kenntnis der Betroffenen mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 720 Tagsätzen zu ahnden. Dazu kommt das Recht auf das eigene Bild (§ 78 Urheberrechtsgesetz). Und natürlich das Datenschutzgesetz sowie der Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskommission („Schutz des guten Rufes“). Genau dieser Artikel regelt aber auch das Recht auf freie Meinungsäußerung, das höher gewertet wurde.
Urteil und Auswirkung für „Ibiza“
In seinem Urteil nimmt der Richter auch Bezug auf das „Ibiza-Video“, das ja ebenfalls ohne Wissen der Beteiligten aufgenommen worden war. Der Oberste Gerichtshof hat dazu bereits entschieden (6 Ob 236/19b): Tatsächlich galt die Veröffentlichung als „gelindestes Mittel zur Zweckerreichung“. Nämlich „dass sich die Öffentlichkeit selbst ein Bild über die persönliche Integrität des Klägers macht und daraus Schlüsse auf seine Eignung zur Ausübung hoher politischer Ämter zieht.“ Auch hier war die Privatsphäre rechtlich untergeordnet.
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