Die Formel 1 gönnt sich und den ramponierten Rücken ihrer Fahrer keine Pause. Nur eine Woche nach dem Rennen in Aserbaidschan steht am Sonntag (ab 20 Uhr LIVE im sportkrone.at-TICKER) rund 9000 Kilometer Luftlinie entfernt schon der neunte Saisonlauf in Kanada an. Mit Rückenwind und als WM-Führender kam Weltmeister Max Verstappen nach Montreal. Die Debatte um gesundheitsschädliche Auswirkungen der hüpfenden Autos geht indes weiter. Am Donnerstag schritt der Weltverband FIA ein. Laut einer Mitteilung wird „im Interesse der Sicherheit“ von den Rennställen verlangt, „dieses Phänomen zu reduzieren oder zu beseitigen“ ...
Diese Entscheidung sei nach Rücksprache mit den Ärzten gefallen. Die Teams sollen dafür nun „die notwendigen Anpassungen“ vornehmen. Neben kurzfristigen technischen Maßnahmen an den Autos wird die FIA außerdem ein Treffen mit den Teams einberufen, um weitere Schritte zu definieren, die dafür sorgen, dass die Probleme dauerhaft nicht mehr auftreten können. „In einer Sportart, in der die Teilnehmer routinemäßig mit Geschwindigkeiten von über 300 km/h fahren, wird davon ausgegangen, dass die gesamte Konzentration eines Fahrers auf diese Aufgabe gerichtet sein muss“, hieß es. Übermäßige Ermüdung oder Schmerzen eines Fahrers könnten erhebliche Folgen haben.
Darüber hinaus habe die FIA „Bedenken hinsichtlich der unmittelbaren körperlichen Auswirkungen auf die Gesundheit der Fahrer“. Vor allem Ex-Weltmeister Lewis Hamilton kletterte zuletzt gezeichnet aus seinem Cockpit. Teamchef Toto Wolff äußerte nach dem Aserbaidschan-Rennen sogar Bedenken bezüglich eines Kanada-Einsatzes, doch sein Star schloss eine Pause aus. Und bekam jüngst Rückendeckung von einem offenbar einsichtigen Team. Man habe die Setup-Einstellungen in Hamiltons Auto in Aserbaidschan zu weit getrieben, meinte Chefstratege James Vowles. „Wir haben jetzt die Verantwortung, dafür zu sorgen, dass das nicht so weiter geht.“
In der Debatte um die hoppelnden Boliden meinte Vowles aber, dass die neuen 2022er-Autos auch andere Fahrer leiden ließen. Tatsächlich formulieren immer mehr Piloten ihre gesundheitlichen Bedenken, die wohl auf das unkontrollierbare Heben und Senken der Autos auf den Geraden (Bouncing) in dieser Saison zurückzuführen sind. „Die Fahrer haben die Köpfe zusammengesteckt und bis auf einen alle gesagt, dass es ein Problem ist“, sagte zuletzt Wolff. Nur Fernando Alonso macht sich demnach nichts aus dem heftigen Rütteln, das eine Begleiterscheinung der neuen Aerodynamik-Regeln ist.
Sein Alpine-Kollege Esteban Ocon ist da anderer Meinung. Der Franzose sah etwa zuletzt ein generelles Problem in der „Steifigkeit der Autos“, die auf den langen Geraden große Schläge verursache. „Darauf können wir unseren Körper nicht vorbereiten. Ich denke, die FIA wird sich das in Zukunft ansehen und wir werden das unterstützen.“ Die FIA etwa könnte eine Mindestbodenhöhe vorschreiben. Davon hält Christian Horner naturgemäß nichts. „Es wäre unfair, die zu bestrafen, die ihre Hausaufgaben gemacht haben“, sagte der Red-Bull-Teamchef. Die anderen Teams könnten ja, so Horner, „eine dickere Bodenplatte draufschrauben, wenn sie wollen, oder das Auto anheben“.
Fünf Rennen in Serie konnte das Red-Bull-Team zuletzt gewinnen, gleich vier dieser Siege fuhr Verstappen ein. Während die Bullen also im Hoch sind, geht Ferrari mit einer Pannenserie ins Kanada-Comeback nach drei Jahren Pause. Der Doppel-Ausfall beim Rennen in Baku markierte den vorläufigen Tiefpunkt der jüngsten Form-Krise bei der Scuderia. Viermal hintereinander stellte Charles Leclerc seinen Ferrari zuletzt auf die Poleposition, nie gewann er danach den Grand Prix. Zwei Motorschäden, ein Fahrfehler und das Strategie-Desaster von Monaco warfen den 24-Jährigen im Titelrennen auf Platz drei zurück.
„Es tut weh, aber ich gebe nie auf“, sagte Leclerc angesichts von 34 Punkten Rückstand. Mit Hochdruck sucht sein Team nach den Ursachen für die jüngsten Defekte, die auch Teamkollege Carlos Sainz trafen. „Wir müssen das Problem beheben und unsere Motoreneinheit stärker für die Zukunft machen“, sagte Teamchef Mattia Binotto und versicherte: „Als Team werden wir eine Lösung finden.“ Die Fans in Montreal schauen dem Comeback indes freudig entgegen. Die Veranstalter rechneten mit einem ausverkauften Haus. Beim bisher letzten Auftritt der Königsklasse auf dem Circuit Gilles Villeneuve ging es hitzig zu: Sebastian Vettel verlor wegen einer umstrittenen Fünf-Sekunden-Strafe den Sieg an Hamilton. Im Zorn vertauschte er danach die Aufsteller für die Autos des Erst- und Zweitplatzierten und stellte die 1 vor seinen Parkplatz.
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