Über die Affenpocken, von denen auch in Österreich immer mehr Fälle bekannt werden, gibt es viele Unklarheiten, was Ansteckung, Symptome und Verlauf der Krankheit angeht. Zwar kann sich durch engen Körperkontakt anstecken, die Krankheit ist aber nicht als sexuell übertragbare Krankheit eingestuft. Weil aber anfangs viele Fälle in der LGBT-Community auftauchten, haftete ihr bald ein Stigma an. Der Deutsche Alexander Winter ist selbst an Affenpocken erkrankt und hat seinen Fall ausführlich und sehr persönlich geschildert. Er will aufklären und mit Vorurteilen aufräumen.
Es fing mit Husten an, Covid-Tests fielen aber negativ aus. Zunächst dachte Winter nicht weiter darüber nach, bis er typische Grippesymptome wie Gliederschmerzen bekam und sich schlapp fühlte. Noch am selben Tag trat plötzlich Juckreiz auf und Winter entdeckte eine „kleine kreisrunde Wunde“ auf seinem Penis. Das sei ein „absoluter Schock“ gewesen. Er sei für seine notorische Körperhygiene bekannt, er habe noch am selben Tag geduscht, wo noch alles in Ordnung war. Zusätzlich zu der Wunde wirkte das gesamte Glied geschwollen und entzündet. Es folgten „Panik und absolute Verwirrung“, schrieb Winter auf Twitter.
„War mir sicher, dass ich Syphilis hatte“
Eine Internetrecherche zu den Symptomen brachte kein eindeutiges Ergebnis, am ehesten passten die Beschreibungen auf Syphilis. Winter war sich jedenfalls sicher, dass es eine Geschlechtskrankheit war. Bald litt Winter an hohem Fieber und schlimmen Kopfschmerzen, die von Juckreiz betroffenen Stellen hielt er aber über Pickel oder Stiche. Knapp eine Woche später bekam er die Diagnose, dass es Affenpocken sind.
Die bei sich selbst entdeckten Pocken hätten sich massiv von den Bildern im Internet unterschieden. Weil sie wie Mückenstiche gejuckt hätten, habe er sie anfangs auch aufgekratzt, weswegen sich die Pocke an seiner Schulter in kurzer Zeit stark entzündet habe. Winter warnt daher ausdrücklich: „Nicht kratzen, nicht drücken. Auch dann nicht, wenn man sich schwören könnte, es handele sich dabei ‚nur‘ um einen Pickel. Der Juckreiz kann dazu gehören, muss er aber nicht.“
„Virus nimmt, was es kriegen kann“
Offensiv geht er mit dem Vorurteil um, dass sich besonders Homosexuelle anstecken. „Ein Virus ist ein Virus. Es nimmt, was es kriegen kann, und geht dabei immer den Weg des geringsten Widerstandes“, betont er. Bei häufig wechselnden Sexpartnern ist das Risiko freilich häufiger, sich mit einer so übertragbaren Krankheit anzustecken, sie hat aber prinzipiell nichts mit der sexuellen Orientierung oder dem Geschlecht zu tun. „Du musst einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort sein“, betont Alexander Winter.
Er sei schwul und verheiratet und der einzige nachweisliche Affenpocken-positive Mann in seinem Umkreis. „Auch mein Mann ist nachweislich nicht an Affenpocken erkrankt. Alle sind kerngesund - und ich sorge aktiv dafür, dass das auch so bleibt“, betont Alexander Winter in seinem Twitter-Thread. Er wurde vom Gesundheitsamt für zwölf Tage in die Isolation geschickt. Direkter Körperkontakt - nicht nur beim Sex - zählt zu den häufigsten Ansteckungsmöglichkeiten, ist aber nicht der einzige. Auch eine Schmierinfektion ist möglich. Deswegen desinfiziere er alles, was er berührt: Türklinken, Sitzflächen, Geschirr, Handtücher.
Erreger können sich lange auf Oberflächen halten
Er warnt, dass man besonders auf Hygiene achten sollte, etwa in Umgebungen wie dem Fitnessstudio. Denn die Viren würden sich lange auf Oberflächen halten und sich auch im Schweiß tummeln. Mit seinen Erfahrungen mit der Krankheit und dem Umgang damit will Winter anderen helfen, die Affenpocken besser einschätzen zu können.
Kampfsportgruppen oder Kindergärten ebenfalls mögliche Infektionsherde
Auch die bekannte deutsche Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim klärt in einem YouTube-Video über die Affenpocken auf (siehe unten). Zwar gebe es viele Fälle, wo Männer erkrankten, die Sex mit Männern haben. Diese Korrelation bedeute aber nicht unbedingt einen direkten Zusammenhang. So seien andere Infektionsherde etwa Kampfsportgruppen, das Wechseln von verschwitzten Trikots nach einem Fußballspiel oder Kindergärten.
„Affenpocken nicht unterschätzen“
Was eine rasche Ausbreitung angeht, so beruhigt Nguyen-Kim. Derzeit gebe es keinerlei Anzeichen, dass die Affenpocken wie Corona zu einer Pandemie werden könnten. Denn diese Krankheit „ist bekannt, breitet sich langsamer aus, durch engen Körperkontakt und es gibt schon Impfungen und Medikamente“. Dennoch sollte man sie nicht unterschätzen: „Mit jeder Infektion gibt man dem Virus die Chance zu mutieren“, erklärt die Wissenschaftsjournalistin.
So könne der herkömmliche Pockenimpfstoff auch vor Affenpocken schützen. In den USA ist er schon offiziell für eine solche Anwendung zugelassen, auch in Europa könnte das recht bald geschehen. Einen Vorteil hat das Vakzin: Es kann auch noch nach einer Ansteckung schützen, wenn man innerhalb der Inkubationszeit geimpft wird. Zudem sei nicht einmal eine flächendeckende Impfung nötig, erklärt Ngyuen-Kim in ihrem Video. Es reichten sogenannte Ringimpfungen, wo nur die Kontaktpersonen eines Infizierten immunisiert werden.
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