„Krone“-Gespräch

Frog Leap: Gut geklaut ist doppelt gewonnen

Wien
21.06.2022 06:00

Eigentlich wollte Leo Morrachioli nur sein Studio im norwegischen Stavanger bewerben, doch plötzlich wurde er mit Metal-Coverversionen von Popsongs und Kinderliedern zum internationalen YouTube-Superstar. Mit Liveband kommt er am 26. Juni in die bereits ausverkaufte Ottakringer Brauerei nach Wien. Ein Gespräch über Pop, Humor und Kirchenverbrennungen.

Die einen scheuen ihn wie der Teufel das Weihwasser, andere wiederum geben sich ihm in fast schon demütiger Ergebenheit hin - die Rede ist vom Norweger Leo Moracchioli, der unter dem Pseudonym Frog Leap seit mehr als acht Jahren die Metalszene spaltet. Was wird ihm zur Last gelegt? Er borgt sich mehr als erfolgreich Songs aus allen Genres, spielt sie meist mit dem kompletten Instrumentarium selbst ein und spuckt sie als Metalversion auf YouTube wieder aus. Das beschert dem 43-jährigen Karrierespätstarter mittlerweile mehr als 4,5 Millionen Abonnenten auf seinem Kanal und macht ihn zum gefragten Live-Act. Gerade im Heavy Metal ist die Verballhornung nicht immer gern gesehen. Kein anderes Genre spaltet sich so zwischen truer Evilness und primitivem Holzhammerhumor. Vergleichen Sie doch als Beispiel die zwei Bands Watain und Alestorm und werten Sie selbst.

Kometenhafter Aufstieg
Dabei begann alles nur aus Zufall, wie uns Moracchioli im „Krone“-Talk erzählt. „Ich habe ein Musikstudio und wollte es damals über den YouTube-Kanal bewerben. Da habe ich angefangen, ein paar Akustikcovers zu spielen. Da ich seit jeher einen Metalbackground habe, habe ich Lady Gagas ,Pokerface‘ in meine Version gestülpt und hatte in kürzester Zeit eine Million Klicks. Ich hatte Spaß und das Projekt hatte Erfolg, also habe ich einfach weitergemacht.“ Den Rhythmus hat Moracchioli bis heute beibehalten, die Videos wurden immer erfolgreicher und professioneller. Eine nicht enden wollende Erfolgsstory, die sich längst zu einer ganzen Band mit Liveauftritten gemausert hat. Frog Leap traten etwa als Late-Night-Act beim Nova Rock 2019 auf und kommen nun in die Ottakringer Brauerei - die schon seit Wochen bis auf den letzten Platz ausverkauft ist.

Moracchioli hat die dürren Pandemiejahre halbwegs gut überstanden und kann schon seit geraumer Zeit von seinem Projekt leben. „Millionen Menschen schauen sich die Songs an, sie kaufen und streamen die Tracks und ich habe auch ein paar Werbeverträge. Man wird damit nicht reich, kommt aber ganz gut über die Runden.“ Im Kern ist das so groß inszenierte Frog-Leap-Studio noch immer ein Ein-Mann-Betrieb, der so gut als möglich auf ein großes Management verzichtet und sich von seinem Gefühl und diversen Trends leiten lässt. Moracchioli kommt weder an einer Billie Eilish, noch an einem Huey Lewis oder Roxette vorbei, weshalb er scheinbar grenzenlos für alle Altersgruppen mit Sinn für Humor und harte Riffs interpretieren kann. „Die Ideen gehen mir nie aus, dafür gibt es viel zu viele Songs. Will ich einen 70s-Rock-Song umsetzen oder eine Pop-Nummer? Passt der Zeitpunkt und fühle ich den Song? Diese Gedanken mache ich mir.“

Passagier der Öffentlichkeit
Die meiste Zeit geht ohnehin für das Drumherum drauf. „Aufnehmen, Filmen, Schneiden, Feintuning - dagegen ist das Kreative an der Arbeit sofort erledigt. Die Technik nimmt sicher den Großteil der Zeit ein.“ Über allem steht der Humor, auch wenn sich der Künstler darüber weniger Gedanken macht, als es von außen vermutet wird. „Es steckt wirklich kein großer Masterplan dahinter, ich würde das eher als unfreiwillige Komik bezeichnen“, lacht er, „ob du im Netz viral gehst oder nicht, das kann niemand planen. Das entscheidet die Öffentlichkeit und du bist nur der Passagier. Du merkst auf YouTube aber sofort, ob es jemandem nur um Geld und Ruhm geht oder nicht. Mir ist der Erfolg zugeflogen und ich genieße ihn, aber ich habe auch nie an meinem Grundkonzept gerüttelt. Mir geht es um den Spaß an der Sache und den will ich nicht verlieren.“

Moracchioli war schon als 15-Jähriger erstmals in einer Band und kennt das musikalische Geschäft von der Pike auf. Im Gegensatz zu den meisten YouTube-Künstlern haben er und seine Bandkollegen über Jahre viel Live-Erfahrung gesammelt. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil. „Vor ein paar Jahren war ich noch Stammgast in norwegischen Garagen, jetzt spielen wir vor ausverkauften Hallen. Das ist wirklich grandios.“ Wie steht es eigentlich mit ihm und dem in Norwegen so populären Black Metal? „Ich stand früher eher auf Pantera, Rage Against The Machine oder Sepultura. Wir haben mit einigen der norwegischen Black-Metal-Bands zusammengespielt, aber das ganze Kirchenverbrennen war mir schon immer zu dumm“, fügt er lachend hinzu, „nicht erst seit dem Film ,Lords Of Chaos‘ assoziiert man norwegische Metalmusiker mit einem Corpsepaint, das war bei mir nie der Fall. Ich mag harte Musik, aber bei mir muss es immer eine Melodie geben.“

Leidenschaft und Job
Als One-Man-Show spielt er so gut wie alles selbst ein und singt natürlich. Nur beim Schnitt und mittlerweile auch manchmal beim Filmen lässt er sich unter die Arme greifen. „Wenn Profis meine Fertigkeiten an den Instrumenten hören, werden sie sich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, aber ich versuche alles so professionell wie möglich zu lösen.“ Die Leidenschaft ist bei Moracchioli zur Arbeit geworden, das ist nicht immer so leicht wegzustecken. „Mir fehlt manchmal die Inspiration, weil es nun tatsächlich ein Job ist. Und in einem Job geht es dir mal besser, mal schlechter. Wie jedem anderen auch.“ Große Arenen sind das nächste Ziel, das aber wohl auch weiterhin mit Fremdkompositionen. „Man kann schon mal ein oder zwei eigene Songs ins Live-Set einbauen, aber ich weiß nicht, ob das die beste Idee ist. Ich habe in meinem Leben ca. 400 Songs geschrieben und mit keinem den Durchbruch geschafft. Ich bleibe wohl besser bei den Covers.“

Leo Moracchioli aka Frog Leap spielt samt Band nach mehrmaliger Covid-Verschiebung am 26. Juni in der Ottakringer Brauerei in Wien. Das Event ist bereits seit Wochen restlos ausverkauft.

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