2018 war Bangkok die meistbesuchte Stadt der Welt, jetzt ist sie Nummer zwei hinter London. Aber die Hauptstadt Thailands holt rasant auf, auch wirtschaftlich.
Die Wasserspiele vor dem neuen Einkaufszentrum Iconsiam erinnern frappant an Dubai. Auch dort wird, zur Belustigung zahlungsfreudiger Touristen, Wasser in buntem Scheinwerferlicht und zum Walzertakt von Hochleistungspumpen in die Luft gespritzt. Offensichtlich gehört das zur Grundausstattung moderner Super-Metropolen, wie auch Bangkok eine ist.
Diese 24 Stunden am Tag vibrierende Riesenstadt gibt ein solches Tempo vor, dass man fast den Eindruck gewinnt, sie könnte damit selbst nicht mehr mithalten. So werden die beiden weit in den Himmel hineinragenden Wohntürme hinter dem Iconsiam in der Höhe nur noch vom eigenen Quadratmeterpreis übertroffen. Hier boomt die Wirtschaft, Asien ist der Gewinner in der durch Russlands Krieg ausgelösten Energiekrise. Die Inflationsrate liegt bei moderaten zwei Prozent, die Wirtschaft könnte bald wieder zweistellig wachsen.
Nicht alle kommen damit zurecht, gleich neben dem piekfeinen Einkaufszentrum sind die Gebäude verwahrlost. Eine gewaltige Einkommensschere geht durch die Bevölkerung. Das sieht man überall in dieser Stadt, wo sich Elendsviertel an Einkaufszentrum, Wellblechhütte an Villenkomplex reiht.
Am Pier vor dem Iconsiam legen stündlich kleine Boote mit herzigen Pagoden-Dächern ab. Sie bringen Passagiere auf die andere Seite des Chao Phraya, jenes breiten Flussbands, das Bangkok durchzieht. Auf der anderen Seite des Flusses liegt das legendäre Mandarin Oriental Hotel, in den 90er-Jahren Inbegriff des Luxus. Die auf den Fluss schauende Terrasse hielt sogar schon einmal als Kulisse für einen James-Bond-Film her.
Die Restaurants des Hotels kreuzen auf hervorragende Weise die französische mit der thailändischen Küche. Das breite Schwimmbecken dient auch heute noch betuchten Touristen und Geschäftsleuten als willkommener Ruhepol in der sich - nicht nur durch die hohen Außentemperaturen - ständig aufheizenden Großstadt.
Der Chao Phraya ist neben dem Mekong der größte und wichtigste Fluss Thailands, mit seinen Seitenkanälen (Klongs) durchzieht er die gesamte Stadt. Dicke Kähne, schwer mit Reis, Kohle und Stahl beladen, werden von stampfenden Schleppern gezogen. James Bond lieferte sich auf dem Fluss wilde Agentenjagden, aufregend ist eine Flussfahrt noch immer, ohne sie wäre das Bild Bangkoks unvollständig. Vom fotogenen Wassermarkt, verfallenen Fischerhütten bis zu gewaltigen Tempel- und Palastanlagen wird hier alles geboten, ohne stickigen Verkehrsstau.
Da gibt es den Tempel der Morgenröte (Wat Arun), wichtiger Zeuge des siamesischen Reiches, um 1700 errichtet und von den thailändischen Königen Rama I. bis IV. ständig erweitert. Ein eindrucksvoller Komplex aus Tempeln, Gebäuden und sogar einer antiken Ordinationshalle. Der grimmige Empfang durch die steinernen Wächter am Tor wird von den über und über mit bunten Keramiken, Gold und Glitzersteinen besetzten Gebäudewänden ausgeglichen. Bis ins kleinste Detail ist jede Ecke, jeder Dämon verziert. Ein eindrucksvolles Beispiel asiatischer Handwerkskunst, wie sie die modernen Industrienationen wohl weltweit längst verlernt haben.
Ein weiteres Beispiel dafür ist auch der Grand Palace, vom 18. bis zum 20. Jahrhundert die offizielle Residenz der Könige von Siam (heutiges Thailand). 1946 verlegte König Bhumipol seinen Amtssitz. Das wichtigste Gebäude in der riesigen Anlage ist der Tempel des Smaragd-Buddhas. Magische Kräfte werden der aus Jade bestehenden, in der Mitte des Tempels thronenden grünen Figur zugeschrieben. Rama I. brachte ihn als Kriegsbeute mit, seinem Besitzer verleiht er angeblich Wohlstand und Legitimität. Tatsächlich hat sich die von Rama I. begründete Dynastie ihre Königswürde bis heute erhalten können.
Thailand ist seit 1932 eine konstitutionelle Monarchie, die als stabiler Faktor in dem von Korruption, mächtigen Militärs, aber auch sozialen Spannungen gebeutelten Land gilt. Bangkok war stets Schauplatz politischer Unruhen. In den 70er-Jahren kam es zu einem Aufstand gegen die Militärdiktatur und einem furchtbaren Massaker an Studenten, 1992 gab es einen blutigen Aufstand gegen General Suchinda.
Auch wenn sich unter König Bhumipol die demokratischen Kräfte stärkten: Das Militär bleibt ein wichtiger Machtfaktor. Der heutige König, Rama X., genießt längst nicht mehr so viel Vertrauen wie sein Vater in der Bevölkerung, ganz offen wird über seine zahlreichen Ehefrauen und Eskapaden geredet. Zudem lebt er die meiste Zeit in Berlin, und die Fremdenführer berichten, er komme wenig ins eigene Land, aus Angst vor einem Umsturz.
Was immer in dem großen Land passiert, die kulturellen und politischen Anstöße kommen aus Bangkok. Das spürt man in der sich schnell entwickelnden, brodelnden Riesenstadt - 2018 mit 20 Millionen Touristen die meistbesuchte Stadt der Welt. Auch negative Entwicklungen wie den Rotlicht-Distrikt Patong, der Bangkok den Ruf einbrachte, Zentrum des Sextourismus zu sein, gibt es hier. Mittlerweile versucht man, dieses Image loszuwerden, in dem berüchtigten Bezirk wurde aufgeräumt. Wer abends einsam ein Taxi besteigt, dem kann allerdings schon passieren, dass der Fahrer ungefragt einen der zahllosen Massagesalons anfährt. Ein gewisser Ruf wirkt nach, genauso wie das sehr gastfreundliche „Sawadee kha“ (Hallo), das einem allerorts entgegenschallt.
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