Reaktivierungsplan

Kraftwerk Mellach „nur im Notfall einschalten“

Politik
20.06.2022 11:40

Das stillgelegte steirische Kohlekraftwerk Mellach soll für den Notfall reaktiviert werden, um bei ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland die Energieversorgung zu sichern. Bei der Umweltschutzorganisation Global 2000 stoßen die am Sonntagabend bekannt gegebenen Pläne für Unbehagen, weil bei Kohlestrom rund doppelt so viel CO2 in die Atmosphäre gepumpt wird wie bei Erdgas, was die Klimakrise anheizt. Der Kauf der Kohle dürfe keine Vorentscheidung für den Einsatz sein.

„Kohle ist die klimaschädlichste Energie und führt zu gesundheitsschädlichen Quecksilberemissionen und Feinstaub“, sagte der Klima- und Energiesprecher von Global 2000, Johannes Wahlmüller, am Montag. „Wenn jetzt über einen möglichen Einsatz des Kohlekraftwerks in Mellach diskutiert wird, dann sollte klar sein, dass es sich nur um zeitlich eng begrenzte, akute Notfälle handeln darf“, so Wahlmüller.

Die Umweltschutzorganisation drängt auf viel mehr Tempo bei der Energiewende in Österreich. Energiepolitik müsse mehr sein als Notfallmaßnahmen zu erlassen. Greenpeace rief am Montag nach einem nationalen Schulterschluss. „Gerade die Bundesländer müssen ihre Verweigerungshaltung ablegen und müssen so schnell wie möglich konkrete Pläne vorlegen, wie sie massiv erneuerbare Energien ausbauen“, sagte Greenpeace-Expertin Jasmin Duregger. Kohle zu reaktivieren, sei „inakzeptabel“.

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Kohle ist die klimaschädlichste Energie und führt zu gesundheitsschädlichen Quecksilberemissionen und Feinstaub.

Klima- und Energiesprecher von Global 2000, Johannes Wahlmüller

Kritik von der SPÖ
Scharfe Kritik an den Versäumnissen der Regierung bei der Sicherstellung der Energieversorgung Österreichs übt auch der SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll: „Die Notwendigkeit zur Reaktivierung des Kohlekraftwerks Mellach ist einzig und allein der Untätigkeit der türkis-grünen Regierung geschuldet. Seit Monaten hören wir nur, dass alles in die Wege geleitet ist, um die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren und die Versorgung der Bevölkerung mit Energie nachhaltig sicherzustellen. Doch es blieb stets bei vagen Ankündigungen.“

Notfallplan der Regierung
Das Fernheizkraftwerk Mellach südlich von Graz war das letzte Kohlekraftwerk Österreichs. Im Frühjahr 2020 wurde dort zum letzten Mal aus Kohle Strom erzeugt. Nun soll es wieder umgerüstet werden, damit es im Notfall, wenn zu wenig Gas zur Verfügung steht, wieder Kohle verbrennen kann. „Das ist nichts, was mich als Klimapolitikerin freut, ich hab‘ mit großer Freude das letzte Stück Kohle ins Museum gestellt, aber es ist eine außergewöhnliche Situation“, so Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) im „Krone“-Talk.

Die technische Umrüstung des Kraftwerks hat einen Vorlauf von mehreren Monaten, auch die Kohle muss beschafft werden. Dementsprechend arbeite der Verbund auf Hochtouren, so Gewessler.

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Das ist nichts, was mich als Klimapolitikerin freut, ich hab' mit großer Freude das letzte Stück Kohle ins Museum gestellt, aber es ist eine außergewöhnliche Situation.

Energieministerin Leonore Gewessler

Umwelt- und Energieministerin Leonore Gewessler (Bild: krone.tv)
Umwelt- und Energieministerin Leonore Gewessler

Gaslieferungen bleiben reduziert
Russland hat auch für Montag angekündigt, die Gaslieferungen zu drosseln, teilte das Klimaministerium unterdessen mit. Am Sonntag war nur etwa die Hälfte der ursprünglich angekündigten Menge nach Österreich gekommen. Trotzdem seien auch die heimischen Speicher befüllt worden, hieß es. Der Speicherstand betrage nun 41,32 Prozent oder 39,46 Terawattstunden. Die aktuelle Gasversorgung sei laut OMV und E-Control für Montag sichergestellt.

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