Guns N‘ Roses spielten Montagabend vor mehr als 50.000 Fans ein mehr als drei Stunden langes Top-Konzert im PGE Narodowy in Polens Hauptstadt Warschau. Die „Krone“ war live dabei und bekam erste Eindrücke davon, was die Rock-Fans am 13. Juli im Wiener Ernst-Happel-Stadion alles erwartet. Für die Kultshow verlosen wir 5x 2 Front Of Stage Tickets und 10x 2 Tickets.
Sie wünschen, wir spielen! Frei nach diesem Motto haben die US-Rocker Guns N’ Roses Montagabend im PGE Narodowy Stadion in Warschau einmal mehr bewiesen, dass es am Livesektor kaum Künstler gibt, die den Zusehern für das schwer abgestotterte Geld mehr Leistung liefern. Die „Krone“ war live dabei, als Frontdiva Axl Rose einen seiner besseren Tage erwischte und gar nicht mehr genug bekam. Am Ende des opulenten Sets konnten die mehr als 50.000 Fans nicht weniger als 32 Songs verbuchen, die in insgesamt 200 Minuten Spielzeit präsentiert wurden. Eine quantitative Galavorstellung, die freilich nur mit viel Disziplin möglich ist. Seit Angus Young Axl Rose vor einigen Jahren als temporären Brian-Johnson-Ersatz für AC/DC zurechtgebogen hat, steht die einstige Skandalnudel mit verlässlicher Sicherheit hochpünktlich auf der Bühne. Den Fans gefällt’s und der Band auch. Ohne die Rückkehr von Pünktlichkeit und gegenseitigem Respekt hätte sich Axls langjähriger Sidekick Slash auch niemals für eine GnR-Rückkehr breitschlagen lassen.
Erstklassiges Stadion
Jetzt sind die Wogen aber geglättet und die „Guns“ machen das, was sie am besten können - in der Champions-League des Hardrock spielen. Noch bevor das Sextett überhaupt die Bühne betritt erstaunt den Verfasser dieser Zeilen schon der tadellose Zustand des Fußball-Nationalstadions der Polen. Ein- und Ausgänge klar markiert und aufgeteilt, ausreichend Toiletten und Getränkestationen, wo man - sehr praktisch - mit Karte zahlen kann und sich nicht im Vorfeld mühsam am Bankomat anstellen muss. Dazu hat Warschau an diesem Montag überhaupt keine Lust im Gleichklang mit dem großen Rest Europas zu schreiten. Anstatt 35 Grad samt glühender Hitze, regnet es am Nachmittag Schusterbuben und das Thermometer soll die 20-Grad-Grenze gerade noch streifen. Für das Konzert freilich kein Problem, denn beim PGE Narodowy, so der Stadionname, wird einfach das Dach zugemacht. Wie praktisch! Ach ja, die Angst vor einem Fehltritt ist ebenso unbegründet, hier gibt es nämlich keine Löcher im Rasen. Nirgends. Auch praktisch!
Rein musikalisch gehen die Guns eher schaumgebremst ans Werk. Mit „It’s So Easy“ und „Mr. Brownstone“ gibt es zwar sofort zwei Top-Hits vom unsterblichen 1987er Debüt „Appetite For Destruction“ zu verbuchen, doch das tiefe Gemurmel von Rose lässt wenig Gutes erahnen. Allumfassende Unsicherheit und hochgezogene Augenbrauen bahnen sich den Weg im Publikum. Die Fans sind bunt durchmischt. Die älteren Semester sind freilich in der Überzahl, doch jüngere Fans, entweder von den Eltern mitgenommen oder selbst irgendwie mit der Musik infiziert, zeigen sich genauso text- und songsicher. Alle Geschmacksgrenzen werden ausgelotet oder überschritten. Es gibt als Slash und Axl Rose Verkleidete, es gibt ganze Gruppen mit selbstgedruckten T-Shirts, deren Inhalte zwischen Ehrerbietung und Nostalgie pendeln, es gibt Alt-Hippies und sogar einen mit geschmacklich fragwürdigem Trump-Shirt samt der 2020er Wahlkampfaufschrift „make lieberals cry again“.
Betriebstemperatur erreicht
Die Band kriegt von den diversen Gedankenspielen ihrer Fans nichts mit, weiß aber sehr wohl, was sie an ihnen hat. Der heuer 60 gewordene und ungemein demütige Axl verbeugt sich im Laufe des Konzerts gleich mehrfach vor dem Auditorium, große Ansprachen lässt er lieber aus, um noch mehr Raum für Songs zu haben. Lediglich bei der Vorstellung der einzelnen Bandmitglieder parliert er etwas länger. Nach dem erwähnt mäßigen Beginn findet er ausgerechnet mit den semibeliebten Songs des 2008er Werkes „Chinese Democracy“ in die Spur. Bei „Madagascar“ (Tour-Debüt), „Better“ oder dem Titeltrack muss Rose aber nicht in allerhöchste Sphären hochsteigen, sondern kann sich langsam ans Konzerttempo gewöhnen. Die Fans hätten wohl lieber etwas mehr Variabilität gehabt, erst mit dem unvergleichlichen „Welcome To The Jungle“ geht es richtig zur Sache und wie auf Knopfdruck hat nach einer knappen halben Stunde auch der Sänger die erhoffte Betriebstemperatur erreicht.
Von da an gibt es kein Halten mehr und Axl übertrifft sich ein ums andere Mal. Der geschickt gesetzte Spannungsbogen kommt ihm dabei zu Gute. Immer wieder verteilen sich langsamere mit eruptiven Momenten und wenn es, wie beim famosen „Civil War“, mit dem Hochgesang doch etwas viel wird, hilft Lockenkopf Slash mit einem üppigen Gitarrensolo aus, um Axl Rose backstage etwas Luft zu verschaffen. Der Zylinderträger lässt unter seiner programmatischen Maskerade kein gehobenes Alter erkennen und fiedelt sich mühelos durch die GnR-Preziosen des Backkatalogs. Seine zeitweisen Verrenkungen werden den Haus-Chiropraktiker freuen. Die menschliche Nähe zwischen den drei Stammesfürsten Rose, Slash und Bassist Duff McKagan ist dafür nach all den Problemen der letzten Dekaden beeindruckend. Im gesetzteren Altern wissen sie gut, was sie voneinander haben und das man nur durch geballte Kraft wieder von den Hallen in die großen Stadien gekommen ist.
Kraft der Balladen
Guns-N‘-Roses-Konzerte leben auch von unberechenbaren Überraschungsmomenten, die perfekt durchdeklinierte Showbands ähnlicher Größe schon aus Produktionsgründen nicht umsetzen können. Die Guns lassen das Feuer zwar nur auf der Videowall emporsteigen, doch die mit allerlei Monstern, Medusen, Feuerteufeln oder Haien durchsetzten Animationen lassen sich Abend für Abend spontan umschichten. Das erst unlängst erstmals seit 29 Jahren ins Set gekommene „Reckless Life“ gehört neben einer intensiven Version von „Estranged“ zu den Überraschungshighlights. Bei den großen Hits von „Rocket Queen“ über den „Terminator“-Song „You Could Be Mine“ bis hin zu „Sweet Child O‘ Mine“ macht man sowieso nichts falsch. Die Balladen sind aber das Salz in der Suppe. „November Rain“, „Knockin‘ On Heavens Door“, ein akustisches „Patience“ und sogar „Don’t Cry“ - nichts bleibt ungespielt und alles trifft durch viel Leidenschaft und die hohe Kunst des Könnens voll ins Mark.
Ganz im Gegensatz dazu gibt es einen flotten Punk-Teil, der mit dem von McKagan gesungenen Stooges-Cover „I Wanna Be Your Dog“ beginnt und sich mit den eher mediokren Songs „Absurd“ und „Shadow Of Your Love“ fortsetzt. Drummer Frank Ferrer, der sich noch wenige Tage zuvor verletzt hat, wirkt topfit und lässt sich nichts anmerken. Die zwei Frontmänner inszenieren sich konstant mit Outfitwechsel. Axl lässt mit verkehrtem Basecap über dem Bandana den rotzigen Skaterjungen raushängen, sitzt mit Sonnenbrille und Sakko bei „November Rain“ wie Elton John am Piano und pendelt sonst nonchalant zwischen Hut und Prinz-Eisenherz-Frisur, Lederjacke und Hemd, Trash und Gediegenheit. Slash wechselt die Gitarren im Songtakt und lässt immer wieder eine Les Paul in den ukrainischen Landesfarben blau-gelb aufblitzen. Das einzig markante politische Statement in Polen, dem Nachbarn der Ukraine, der sich besonders stark mit dem grauenvollen Krieg auseinandersetzen muss.
Hang zur großen Geste
Guns N‘ Roses sind aber in eskapistischer und nicht in erklärbäriger Mission unterwegs und der Entertainmentfaktor funktioniert auch ohne Gimmicks und Konfettiregen einwandfrei. Offenbar recht spontan gibt es am Ende neben „Madagascar“ gleich noch eine Tourpremiere - Soundgardens unsterbliches „Black Hole Sun“ wird von Axls herzhaftem Timbre würdevoll in die Gegenwart geholt und dient gleichermaßen als ehrliche Hommage an den viel zu früh verstorbenen Chris Cornell. „Paradise City“ als Rausschmeißer muss natürlich sein, passt spannungsbogentechnisch aber nicht mehr gut rein. Die Fans treten gen Ende zunehmend die Heimreise an, was aber nicht am Konzert, sondern an der noch frischen Arbeitswoche liegt. Für Guns N‘ Roses braucht man einen Hang zur großen Geste, darf sich nicht vor Kitsch fürchten und muss ein bisschen in der Vergangenheit stecken geblieben sein. Dagegen ist nichts einzuwenden und eine derartige Stadionshow können nur Rockbands der absoluten Sonderklasse liefern. Das verdient mehr als nur Respekt. Nur an der Akustik hat es im PGE Narodowy leider grob gehapert. Am Ende also doch noch ein Ehrenpunkt für das brüchige Happel-Oval…
Bald in Wien - wir verlosen Tickets
Am 13. Juli spielen Guns N‘ Roses im Wiener Ernst-Happel-Stadion. Hoffentlich auch 200 Minuten und 32 Songs lang - es zahlt sich aus! Es gibt noch Karten unter www.oeticket.com.
Die „Krone“ verlost für die Kultshow 5x 2 Front Of Stage Tickets und 10x 2 Tickets.
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