Dass ein 2010 wegen Kindesmissbrauchs verurteilter Mann mehrtägige Ferien-Camps für Kinder veranstaltet und bis vor Kurzem für den Alpenverein (ÖAV) Outdoor-Kurse für Acht- bis Zwölfjährige geleitet hat, ruft nun die Politik auf den Plan. Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) will „Gesetzeslücken“ in diesem Bereich gemeinsam mit Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) ehebaldigst schließen. Auch die Grünen sehen „gravierenden Handlungsbedarf“. So könnte etwa das Berufsverbot für verurteilte Sexualstraftäter deutlich verschärft werden - und auch auf ein Tätigkeitsverbot im privaten und ehrenamtlichen Bereich ausgeweitet werden.
Es müsse gewährleistet sein, dass Kinder und Jugendliche im Freizeit- und Sportbereich nicht übergriffigen Betreuern ausgesetzt sind, sagte Plakom: „Da muss alles zum Schutz der Kinder unternommen werden.“ Sie befinde sich „in enger, intensiver Abstimmung“ mit Ministerin Raab, um entsprechende gesetzliche Regelungen auf den Weg zu bringen.
Tätigkeitsverbot auch im ehrenamtlichen Bereich
Raab meinte im Ö1-„Mittagsjournal“, es müsse sichergestellt sein, dass jemand, der wegen Missbrauchs an Kindern verurteilt wurde, „nie wieder mit Kindern arbeiten darf“. In diese Richtung einschlägig Vorbestrafte hätten „in der Kinder- und Jugendarbeit nichts mehr verloren“, meinte auch Plakolm. Die Jugendstaatssekretärin strebt daher - losgelöst vom konkreten Beruf - grundsätzliche Tätigkeitsverbote im Kinder- und Jugendbereich für verurteilte Sexualstraftäter an, wenn diese wegen Verstößen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung rechtskräftig zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sind. Das sollte nach Ansicht von Plakolm nicht nur für entgeltlich-professionelle, sondern auch für ehrenamtliche Tätigkeiten gelten.
Auch Familienministerin Raab spricht sich für die Möglichkeit aus, dass Gerichte zeitlich unbefristete Berufs- und Tätigkeitsverbote gemäß dem Paragrafen 220b StGB verhängen können, und zwar auch in Fällen, wo die Straftäter zum Zeitpunkt der Verurteilung noch nicht beruflich mit Kindern zu tun hatten.
Berufsverbot wird derzeit nicht automatisch verhängt
Derzeit können die Gerichte ein Berufsverbot gegen verurteilte Sexualstraftäter verhängen, allerdings nur, wenn diese zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr verurteilt wurden und davor schon mit Kindern gearbeitet haben, beruflich oder ehrenamtlich. Wird beispielsweise ein Täter wegen sexuellen Missbrauchs innerhalb der eigenen Familie verurteilt, so könnte er nach Verbüßung seiner Strafe wieder mit Kindern arbeiten. Außerdem sind die Gerichte aktuell verpflichtet, das Berufsverbot alle fünf Jahre neu zu prüfen und gegebenenfalls aufzuheben.
Strafregisterauszug für Kinder- und Jugendarbeit
Plakolm kann sich einem Gespräch mit der APA darüber hinaus vorstellen, dass zukünftig jeder Ehrenamtliche, der in einem Verein Kinder und Jugendliche betreuen will, die seit 2014 bestehende erweiterte „Strafregisterbescheinigung Kinder und Jugendfürsorge“ vorlegen muss. Dort scheinen Berufs- und Tätigkeitsverbote sowie aus einer gerichtlichen Verurteilung resultierende Weisungen oder eine vom Gericht angeordnete Aufsicht bei sexuell motivierten Gewalttaten auf. Auch eine Verlängerung der bestehenden Tilgungsfristen bei Sexualstraftaten - derzeit sind ausschließlich mehr als fünfjährige Freiheitsstrafen untilgbar - zieht Plakolm in Betracht.
Es gehe vor allem auch darum, den auf Kinder und Jugendliche ausgerichteten, oft ehrenamtlich strukturierten Vereinen „eine Rechtssicherheit und Handhabe zu geben“, betonte die Jugendstaatssekretärin. Sie sollten die erforderlichen Instrumente zur Gewährleistung eines engmaschigen Schutzes der ihnen anvertrauten Kinder erhalten. Ziel müsse es sein, einschlägig vorbestraften bzw. entsprechend veranlagten Männern, die aus unlauteren Motiven ein Gelegenheitsverhältnis zur körperlichen Kontaktaufnahme mit Kindern und Jugendlichen suchen, kein Beschäftigungsverhältnis bzw. keine ehrenamtliche Tätigkeit mehr zu ermöglichen.
Grüne signalisieren Zustimmung
Der Grüne Koalitionspartner signalisierte dazu am Dienstag Zustimmung. „Der Kampf gegen Gewalt und Missbrauch ist auch ein politischer Auftrag. Wir können nicht nur den Organisationen die Überprüfung überlassen, sondern müssen Rahmenbedingungen schaffen, die alle Anbieter von Kinder- und Jugendbetreuung einzuhalten haben“, erklärte Barbara Neßler, Kinder- und Jugendsprecherin der Grünen. In einer Presseaussendung trat sie für die verpflichtende Einführung eines Gütesiegels für Anbieter von Kursen für Kinder und Jugendliche ein, die Qualitätskriterien erfüllen und damit das Kindeswohl garantieren.
Die Grünen streben in diesem Zusammenhang ein österreichweites Kinderschutzgesetz an, in dem diese Qualitätskriterien für alle, die Angebote für Kinder und Jugendliche anbieten, festgelegt werden. „Es muss sichergestellt werden, dass Personen, die mit Kindern arbeiten, ein sorgfältiges Auswahlprozedere durchlaufen und fundierte pädagogische Aus- und Weiterbildungen vorweisen können“, hielt Neßler fest. Sie hoffe, dass sowohl das Jugendstaatssekretariat als auch das Bildungsministerium hier umgehend tätig werden und entsprechende Konzepte vorlegen, die das Wohl der Kinder und Jugendlichen in den Mittelpunkt stellen.
Auch FPÖ will Verschärfung
„Wir fordern zum Schutz der Kinder ganz klar, dass Sexualstraftaten nicht getilgt werden dürfen“, meinten die freiheitliche Frauensprecherin Rosa Ecker und FPÖ-Justizsprecher Harald Stefan. Entsprechende Vermerke im Strafregister müssten lebenslang eingetragen bleiben, meinten sie in einer gemeinsamen Presseerklärung. Beide bekräftigten die Forderung nach einem grundsätzlichen Berufs- und Tätigkeitsverbot in der Kinder- und Jugendarbeit für wegen Kindesmissbrauchs und ähnlicher Delikte Vorbestrafte. Auch die FPÖ ist für ein österreichweit geltendes Kinderschutzgesetz. „Personen, die wegen sexuellen Missbrauchs vorbestraft sind, sollen auch nicht länger mit einem freien Gewerbe Freizeit- oder Sport-Kurse für Kinder abhalten dürfen“, hielten Ecker und Stefan fest.
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