Höher und höher klettert die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Österreich, und das trotz geringerer Zahl an Tests. „Es wird eine Welle, es wird auch wieder hoch“, so Genetiker Ulrich Elling. Er sieht zwar Hoffnung, das Infektionsgeschehen noch zu bremsen. Sich aber bewusst anzustecken, um damit einen Immunschutz zu erlangen, sei eine absurde Strategie.
„Sowohl die Gesellschaft als auch die Politik hängt dem Irrglauben an, dass es sich bei der Corona-Pandemie um eine saisonal auftretende Krankheit handelt“, so der Experte vom Institut für molekulare Biotechnologie der Akademie der Wissenschaften in einem Gespräch mit der Austria Presse Agentur. Die Jahreszeit sei aber nur ein Faktor, den die Variante Omikron BA.5 zum Beispiel mehr als wettmachen dürfte.
(Vor genau einem Jahr hatten wir in Österreich lediglich 94 Neuinfektionen, am heutigen Dienstag sind es 7281, Anm.).
Risiko eines Spitalsaufenthalts steigt pro Infektion
Einen „natürlichen“ Immunschutz in Form einer bewussten Infektion mit dem Virus aufbauen zu wollen, nannte der Genetiker absurd. Er verwies auf Daten einer noch nicht öffentlichen ausgedehnten Studie unter US-Veteranen. Diese würden darauf hindeuten, dass das Risiko eines Spitalsaufenthalts bei Mehrfachinfizierten bei der Zweitinfektion mit Corona höher ist als bei der Erstinfektion.
„Es herauszufordern, bringt nichts“, so Elling. Im Gegenteil: Ziel müsse sein, die Zahl der Infektionen bei jeder Welle möglichst gering zu halten, „und Vulnerable bitte gar nicht“.
Was die Politik hingegen mache, ist, darauf zu hoffen, dass eine Durchseuchung im Sommer die Welle im Herbst kleiner macht. „Das geht aber nur auf, wenn die Virusvariante im Herbst der im Sommer sehr ähnlich wäre“, gab Elling zu bedenken. Und dass das so ist, sei nicht gesagt.
Booster für Über-65-Jährige: „Aber das muss schnell gehen“
Eine Möglichkeit ist, Über-65-Jährige jetzt zu boostern. „Aber das muss schnell gehen“, sagte der Wissenschaftler. Wenn man in einer Woche 20.000 Infektionen pro Tag habe, sei es zu spät. Spezifische Impfstoffe gegen die Omikron-BA.5-Variante würden erst kommen, wenn die Welle durchgelaufen ist, daher wäre ein Booster möglichst schnell notwendig. Eine Infektion verhindern würde sie nicht, wohl aber schwere Verläufe.
Bei 30.000 Fällen pro Tag im Sommer brauchen wir keine Masken, bei 30.000 Fällen pro Tag im Herbst aber schon. Das ist nicht nachvollziehbar.
Genetiker Ulrich Elling sieht die Aufhebung der Maskenpflicht höchst kritisch.
Elling sprach sich deshalb für Maßnahmen aus, um das Infektionsgeschehen zu bremsen - etwa die Rückkehr der Maskenpflicht. Stoppen könnte es die Welle alleine nicht, aber niedriger halten „und wohl auch früher knicken“. Mit der Entscheidung, die Maskenpflicht aufzuheben, ging er hart ins Gericht: „Bei 30.000 Fällen pro Tag im Sommer brauchen wir keine Masken, bei 30.000 Fällen pro Tag im Herbst aber schon. Das ist nicht nachvollziehbar.“ Auch die Testangebote wieder hochzufahren, sah er als hilfreich im Kampf gegen die neue Welle an.
Über 20.000 Corona-Tote laut AGES-Zählung
Indes vermeldete die AGES laut ihrer Zählung bereits 20.010 Corona-Tote in Österreich seit Beginn der Pandemie. Die Zahlen des Gesundheits- und Innenministeriums hatten am Vormittag 18.738 Corona-Tote ausgewiesen. Vom Gesundheitsministerium waren vor rund neun Wochen Tausende Tote nachgemeldet worden, diese sind aber noch immer nicht zur Gänze in den Bundesländerzahlen abgebildet.
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