Mit Olympiasiegerin Anna Kiesenhofer erfährt die Straßen-Radmeisterschaft am Sonntag in Gratwein-Straßengel einen ordentlichen Aufputz. Die „Krone“ traf die Sensationsiegerin von Tokio 331 Tage nach ihrem Gold-Coup am Fuji-Speedway zum sportlichen „Sommergespräch“.
„Krone“: Anna, elf Monate ist es nun her, dass du in Tokio mit Olympia-Gold den riesengroßen Überraschungscoup gelandet hast. Was hat sich seither für dich persönlich verändert?
Anna Kiesenhofer: Der Olympiasieg hat alles verändert! Ich bin jetzt nicht mehr Mathematikerin an der Uni. Ich bin umgezogen, habe ein Haus gekauft und bin Vollzeit-Profisportlerin.
Plötzlich bist du am Radar der Öffentlichkeit. Davor wurdest du kaum erkannt. Nach dem Sieg bist du dann auf einmal bei Stermann und Grissemann im „Willkommen Österreich“-Studio gesessen oder hast Bundespräsident Van der Bellen getroffen. Die Mathematikerin Anna wurde zum Star. Wie hast du diesen schnellen Übergang verdaut?
Ehrlich, irgendwie ist es manchmal schon komisch. Ich habe davor auch viel für den Sport investiert. Eben in meinem kleinen Winkel, neben irgendeinem Wald. Das hat aber niemanden interessiert. Dann holst du an diesem einen Tag diese Goldmedaille - obwohl du vielleicht gar nicht viel anders machst als sonst - und nichts ist mehr wie früher.
Hat dir das Ganze aber auch neue Türen geöffnet?
Auf jeden Fall! Die Wahrnehmung von außen ist natürlich eine ganz andere. Und ich habe auch ganz andere Möglichkeiten bekommen. Ich habe nun Zugang zu absoluten Fachleuten - etwa in Bereichen wie Aerodynamik, Physiologie oder Trainingslehre. Aber geschenkt wird dir auch mit einem Olympiasieg nichts.
Was meinst du damit?
Man muss natürlich auch weiterhin um Sponsoren kämpfen. Anderseits kann ich jetzt von dem, was ich als Sportlerin tue, leben.
Spielt die Mathematik eigentlich noch eine Rolle in deinem Leben oder ist dieses Kapitel abgehakt?
Indirekt kann ich die Mathematik auch im Sport gut gebrauchen. Aber eher für Themen wie den wissenschaftlichen Ansatz bei der Materialauswahl oder bei der Optimierung von aerodynamischen Aspekten.
Spürst du eigentlich Druck? Ich meine, vor deiner Goldmedaille konntest du jedes Rennen unaufgeregt bestreiten. Nun kommst du an den Start und jeder schaut auf die Olympiasiegerin Anna Kiesenhofer und fragt: Was tut sie? Was macht sie?
Druck ist schon da, aber er beeinflusst mich nicht. Ich kann das wirklich gut ausblenden. Ich fahre eben so gut, wie ich kann. Beim Rennen visualisiere ich dann immer meine Familie. Die ist übrigens auch bei den Straßen-Staatsmeisterschaften am Sonntag in Gratwein-Straßengel mit dabei.
Für dich sind die Staatsmeisterschaften ja ein kleines Heimrennen - immerhin fährst du für den Rennstall ’Cookina Graz’. Was ist dein Ziel in der Steiermark?
Ich werde alles geben, will gewinnen. Ich schaffe es auch nach der Goldmedaille immer wieder, mich neu zu motivieren. Das liegt an der Liebe zu diesem Sport. Unbemerkt vorne wegfahren, wie ich das in Tokio gemacht habe, werde ich in Gratwein-Straßengel aber sicher nicht können.
Nach dem Sieg in Tokio hast du bei der Medaillenfeier eine Lederhose getragen. Packst du die bei einem Sieg am Sonntag wieder aus?
Ich habe sie leider vergessen. Ich müsste sie mir von meinem Trainer Klaus Kabasser ausborgen (lacht).
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