Schulmassaker in Texas
Polizei in drei Minuten vor Ort – tat aber nichts
Fast einen Monat nach dem Massaker an einer Volksschule im US-Bundesstaat Texas werden weitere dramatische Fehler bei dem Polizeieinsatz bekannt. Bereits drei Minuten, nachdem der Schütze einen Klassenraum betreten und das Feuer eröffnet hatte, waren neun Polizisten vor dem Raum. Zwei davon hatten Gewehre. Trotzdem blieben sie zunächst untätig, wie der Chef der texanischen Sicherheitsbehörde bei einer Anhörung schilderte (siehe auch Video oben).
Nach bisherigen Erkenntnissen sei die Tür zu dem Klassenraum nicht einmal abgeschlossen gewesen, berichtete Steven McCraw im texanischen Senat. Nach und nach kamen weitere Beamte dazu, doch keiner der anwesenden Polizisten habe probiert, die Tür einfach zu öffnen. Stattdessen habe der Einsatzleiter auf Verstärkung, auf weitere Gewehre und Schutzausrüstung gewartet - und auf einen Schlüssel zu dem Klassenraum, „der nie gebraucht wurde“.
„Haben die Pflicht, einzugreifen“
Nichts von alldem wäre nötig gewesen, argumentierte der Direktor der Behörde für öffentliche Sicherheit in Texas. In einer solchen Lage reiche im Zweifel ein Polizist mit einer Waffe, um hineinzugehen und den Amokläufer zu stoppen - auch wenn das ein Risiko für den Beamten darstelle. „Wenn Sie dort sind, haben Sie die Pflicht, sofort einzugreifen und den Schützen aufzuhalten“, sagte McCraw.
Ein 18 Jahre alter Schütze hatte Ende Mai an einer Volksschule in der texanischen Kleinstadt Uvalde 19 Kinder und zwei Lehrerinnen erschossen. Der Angreifer hatte in zwei miteinander verbundenen Klassenräumen mit einem Sturmgewehr auf die Kinder und Lehrerinnen geschossen.
„Elendes Versagen“
Die Polizisten vor dem Raum hätten Waffen, Schutzausrüstung und eine Ausbildung für solche Situationen gehabt, die Kinder dagegen nichts davon, sagte McCraw. Dennoch hätten die Schüler und Lehrer „eine Stunde, 14 Minuten und acht Sekunden“ warten müssen, bis Einsatzkräfte in den Raum eingedrungen seien, um sie zu retten. „Das ist untragbar.“ Der Einsatzleiter habe „schreckliche Entscheidungen“ getroffen. Er habe entschieden, das Leben von Polizisten über das Leben von Kindern zu stellen. McCraw sprach von „elendem Versagen“.
Der Behördenchef bestätigte damit, was schon kurz nach dem Verbrechen ruchbar geworden war: Obwohl aus dem Inneren mehrfach verzweifelt bei der Polizei anriefen, unternahmen die Beamten vor dem Klassenraum lange keinerlei Versuche, einzudringen. Erst mehr als 75 Minuten, nachdem der Täter zu schießen begonnen hatte, gingen Einsatzkräfte in den Raum und töteten ihn.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.