Doppelte Provokation
Moskauer Platz umbenannt – mit Schrift aus Ukraine
Bewusst provozieren will die Moskauer Stadtverwaltung, in dem sie den Platz vor der US-Botschaft in der russischen Hauptstadt nach der separatistischen „Donezker Volksrepublik“ (DVR) in der Ostukraine umbenennt. Doch damit nicht genug: Nicht nur war die Abstimmung offenbar manipuliert, es wurde auch ausgerechnet eine von Ukrainern entwickelte Schriftart verwendet. Die Designer reagieren wütend.
Ein Erlass zur Umbenennung wurde am Mittwoch von der Stadtverwaltung veröffentlicht. Der Schritt zwingt die US-Botschaft künftig bei Angabe ihrer Adresse auf die DVR zu verweisen, die Washington nicht als unabhängigen Staat anerkennt.
Die Initiative zur Umbenennung ging von der Moskauer Stadtparlament aus. Mittels einer Online-Umfrage wurde der endgültige Name festgelegt - allerdings standen neben der DVR nur noch „die Verteidiger des Donbass“ und ein im März gefallener Separatist zur Auswahl. Der Vorstoß zielte daher von Anfang an darauf ab, Washington zu verärgern. Kremlsprecher Dmitri Peskow unterstützte das Vorhaben öffentlich.
Auch die Abstimmung selbst war eine Farce. So wurden Moskauer Beamte laut dem russischen Online-Medium „MediaZona“ dazu gezwungen, für die Umbenennung in „Platz der Donezker Volksrepublik“ zu stimmen, wie städtische Mitarbeiter schilderten.
Designer wütend: „Schwachsinns-Propaganda“
Um die Neubenennung offiziell zu feiern, wurden auf dem Moskauer Platz Transparente mit dem neuen Namen angebracht. Der ist ausgerechnet in der Schriftart „KTF Jermilov“ gedruckt, die von zwei ukrainischen Designern entwickelt wurde - klarerweise ohne Genehmigung. Was diese davon halten, schrieben sie in einer Instagram-Story: „Russische Faschisten verwendeten unsere KTF Jermilov für ihre Schwachsinns-Propaganda ohne die Rechte dazu“. Die klare Botschaft an die Verantwortlichen: „F**** euch!“.
Schon oft Ärger über geänderte Adressen
Die Provokation von Diplomaten durch die Umbenennung von Plätzen und dadurch geänderte Adressen ist nicht neu. In der US-Hauptstadt Washington wurde bereits 2018 der Platz vor der russischen Botschaft nach Boris Nemzow umbenannt, einem 2015 erschossenen russischen Oppositionspolitiker. Moskau reagierte darauf verärgert.
Die tschechische Hauptstadt Prag folgte dem Beispiel mit dem Nemzow-Platz 2020 vor der russischen Botschaft. Ein dort entlangführender Weg wurde zudem nach Anna Politkowskaja, einer ebenfalls erschossenen kremlkritischen Journalistin benannt. Die russische Botschaft nutzte daraufhin für längere Zeit ein Konsulatsgebäude für ihre Adressbezeichnung. Nach Beginn des Kriegs gegen die Ukraine änderten die Prager Behörden auch hier den Straßennamen. Sie heißt seither „Straße der ukrainischen Helden“.
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