Brisanter Paukenschlag
US-Supreme-Court kippt das Recht auf Abtreibung
Der Oberste Gerichtshof der USA hat mit einer wegweisenden Entscheidung das liberale Abtreibungsrecht des Landes gekippt. Sechs der neun Richter stimmten für diese Entscheidung, wie der Supreme Court am Freitag mitteilte. Das Gericht machte damit den Weg für strengere Abtreibungsgesetze frei - bis hin zu kompletten Verboten in einzelnen US-Staaten. Damit ist das aktuelle Recht auf Abtreibung in den Vereinigten Staaten nach fast einem halben Jahrhundert Geschichte.
„Die Verfassung gewährt kein Recht auf Abtreibung“, heißt es in der Urteilsbegründung. Die Entscheidung ist keine Überraschung: Anfang Mai hatte das Magazin „Politico“ einen Entwurf dazu veröffentlicht. Daraus ging bereits hervor, dass das Gericht so entscheiden will.
Urteil so drastisch wie erwartet
Daraufhin gab es einen Aufschrei von Frauenrechtsorganisationen, Kliniken und Liberalen. Das Urteil ist nun so drastisch wie erwartet. In etwa der Hälfte der Bundesstaaten dürfte es nun zu weitgehenden Einschränkungen kommen.
Es gibt in den USA kein landesweites Gesetz, das Schwangerschaftsabbrüche erlaubt oder verbietet. Abtreibungen sind aber mindestens bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt - heute etwa bis zur 24. Woche. Dies stellte bisher ein Grundsatzurteil des Obersten US-Gerichts von 1973 sicher, das als Roe v. Wade bekannt ist. Ein weiteres Urteil von 1992, Planned Parenthood v. Casey, bestärkte die Rechtsprechung und passte sie etwas an. Der Supreme Court hat diese Entscheidungen nun gekippt.
„Schlag ins Gesicht für Frauen“
Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, nannte die Entscheidung „ein Schlag ins Gesicht für Frauen“. Die Beschränkung von Abtreibung sei erst der Anfang, warnte die Demokratin am Freitag. „Das ist todernst.“ Pelosi verwies auf die Kongresswahlen im November - dort stehe das Recht der Frauen, über ihren eigenen Körper zu entscheiden, auf dem Wahlzettel. „Heute ist einer der dunkelsten Tage, die unser Land je gesehen hat“, schrieb der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer , auf Twitter.
Obama ruft zu Widerstand auf
Der ehemalige US-Präsident Barack Obama rief zum Widerstand auf. „Heute hat der Oberste Gerichtshof nicht nur fast 50 Jahre Präzedenzfälle rückgängig gemacht, er hat die persönlichste Entscheidung, die jemand treffen kann, den Launen von Politikern und Ideologen überlassen - und die grundlegenden Freiheiten von Millionen von Amerikanern angegriffen“, schrieb Obama bei Twitter.
Obama teilte zudem einen Bild mit einem Text: „Schließt Euch den Aktivisten an, die seit Jahren Alarm schlagen beim Zugang zu Abtreibungen, und handelt. Steht mit ihnen bei einem örtlichen Protest“, hieß es dort. Seine Frau Michelle Obama schrieb: „Ich bin untröstlich für die Menschen in diesem Land, die gerade das Grundrecht verloren haben, fundierte Entscheidungen über ihren eigenen Körper zu treffen.“ Der Richterspruch müsse ein Weckruf vor allem für junge Menschen sein.
Abtreibungen können nun weiter eingeschränkt werden
Mit dem neuen Urteil des Obersten Gerichts können die 50 Bundesstaaten über ein Recht auf Abtreibung auf der jeweiligen Landesebene entscheiden. Mehrere von ihnen haben bereits Gesetze erlassen, die nach dem nun erfolgten Wegfall der bundesstaatlichen Regelung die Abtreibung stark einschränken. Ein Gesetzentwurf der Demokraten für ein Recht auf Abtreibung auf Bundesebene war Mitte Mai im Senat gescheitert.
Das Abtreibungsrecht ist in den USA immer wieder Thema heftiger Auseinandersetzungen. Gegner versuchen die liberalen Regeln seit Jahrzehnten zu kippen. Unter dem vorigen Präsidenten Donald Trump rückte der Supreme Court deutlich nach rechts. Der Republikaner ernannte während seiner Amtszeit die Richter Neil Gorsuch, Brett Kavanaugh und Amy Coney Barrett. Die Richterinnen Sonia Sotomayor und Elena Kagan sowie Richter Stephen Breyer stimmten gegen die Entscheidung. Sie gelten als liberal.
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