Nach Ukraine-Rückzug
Sjewjerodonezk bereits ganz in russischer Hand
Die zuletzt heftig umkämpfte Stadt Sjewjerodonezk in der Ostukraine ist nach Angaben ihres ukrainischen Bürgermeisters Olexander Strjuk inzwischen vollständig von russischen Truppen besetzt. Diese sollen bereits einen eigenen Stadt-Kommandanten ernannt haben. Indessen wurden in allen Landesteilen der Ukraine Raketenangriffe gemeldet.
„Sie versuchen, ihre eigene Ordnung herzustellen. Soweit ich weiß, haben sie eine Art Kommandanten ernannt“, sagt Strjuk im ukrainischen Fernsehen. Wo Strjuk sich aufhält, wurde nicht genannt. Die ukrainischen Truppen haben sich zu großen Teilen aus dem schwer umkämpften Sjewjerodonezk zurückgezogen. Sie hätten andere Stellungen bezogen, sagte Strjuk am Samstag der ukrainischen Nachrichtenseite 24tv zufolge.
Zahlen und Details nannte er nicht. Die Truppen hätten die Chemiefabrik „Asot“ verlassen. Dort hielten sich demnach noch Zivilisten auf.
Luhansk damit rein russisch kontrolliert
Die ukrainische Armee hatte am Freitag ihren Rückzug aus der Stadt angeordnet. Das sollte einige Tage in Anspruch nehmen. Sjewjerodonezk zählte bisher zu den letzten Teilen des Gebietes Luhansk, die noch nicht von russischen und pro-russischen Kämpfern erobert waren.
In der Stadt leben heute noch einige Tausend Menschen. Nach Darstellung der pro-russischen Separatisten sollen inzwischen mehr als 800 Zivilisten das Chemiewerk verlassen haben, wie die russische Nachrichtenagentur Interfax meldete. Zuletzt gab es unterschiedliche Angaben, wie viele Menschen in der Fabrik Schutz vor den Angriffen gesucht haben.
Schwerer Beschuss aus der Luft
Russland nahm nach Angaben der Ukraine in der Nacht auf Samstag Ziele in allen Landesteilen unter schweren Beschuss. „48 Marschflugkörper. Nachts. In der ganzen Ukraine“, schrieb einer der Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, Mychajlo Podoljak, auf Twitter. „Russland versucht weiter, die Ukraine einzuschüchtern, Panik zu schüren und die Menschen in Angst zu versetzen.“ Von russischer Seite lag zunächst keine Stellungnahme vor.
Aus dem Norden meldete die Ukraine am Samstag Raketenangriffe nahe den Städten Schytomyr, Tschernihiw und Charkiw. Die russischen Streitkräfte hätten fast 30 Raketen auf eine militärische Infrastruktureinrichtung bei Schytomyr abgefeuert, teilte Gouverneur Witalij Bunetschko mit. Knapp zehn Raketen seien abgefangen und zerstört worden. Mindestens ein Soldat sei bei dem Angriff getötet worden.
Angriffskrieg dauert länger als gedacht
Russland hat den Angriffskrieg, den die Regierung in Moskau als „militärische Spezialoperation“ bezeichnet, am 24. Februar begonnen. Anfangs rechneten viele Experten damit, dass die Ukraine nach wenigen Tagen besiegt sein würde. Doch schlugen die Ukrainer die russischen Truppen etwa vor den Toren der Hauptstadt Kiew zurück.
Russland verstärkte seine Angriffe daraufhin auf den Osten des Landes, wo es trotz heftiger Verluste zuletzt immer mehr Gebiete einnehmen konnte. Westliche Wirtschaftssanktionen gegen Russland, russische Gaslieferbeschränkungen sowie die Blockade ukrainischer Getreideexporte lasten auf Volkswirtschaften weltweit.
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