Auslandsschulden
Kreml zu Zahlungsausfall: „Nicht unser Problem“
Russland nähert sich der ersten Zahlungsunfähigkeit seit der bolschewistischen Revolution vor mehr als 100 Jahren - wobei das nichts mit dem Staatsvermögen zu hat, sondern offenbar mit der Abwicklung. Die russische Regierung bestreitet, mit dem Begleichen ihrer Auslandsschulden in Verzug geraten zu sein. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte am Montag, Russland habe die im Mai fälligen Anleihezahlungen geleistet. Die Tatsache, dass sie wegen der westlichen Sanktionen gegen Russland blockiert worden seien, sei „nicht unser Problem“.
Am Sonntagabend hatten mehrere taiwanesische Investoren beklagt, bisher keine der vereinbarten Zinszahlungen für ihre russischen Staatsanleihen erhalten zu haben, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Früheren Angaben von Juristen zufolge ist jedoch unklar, ob die Frist für die Regierung in Moskau seine Gläubiger zu bezahlen nicht schon am Sonntag endete, sondern erst mit Ende des darauffolgenden ersten Arbeitstages.
Frist zur Zahlung von 100 Millionen Dollar ausgelaufen
Die Frist betrifft jedenfalls die Zahlung von 100 Millionen Dollar (95 Millionen Euro) an Zinsen für zwei Fremdwährungsanleihen. Eigentlich sollte Russland die Zahlungen bereits am 27. Mai leisten, was jedoch nicht geschah. Daraufhin setzte eine Schonfrist von 30 Tagen ein. Da im Anleiheprospekt keine genaue Frist angegeben ist, halten es die Anwälte für möglich, dass Russland noch bis Ende Montag Zeit habe, um seine Gläubiger zu bedienen.
Allerdings gibt es aktuell kaum Anzeichen dafür gab, dass die Investoren ihr Geld bekommen. Seit dem Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar haben weitreichende Sanktionen Russland vom globalen Finanzsystem ausgeschlossen. Seither hat Moskau trotz milliardenschwerer Devisenreserven Schwierigkeiten, die Zahlungen für ausstehende Anleihen in Höhe von insgesamt 40 Milliarden Dollar zu leisten.
Kreml kann Geld wegen Sanktionen nicht überweisen
Der Kreml hat wiederholt erklärt, dass er keinerlei Gründe für eine Zahlungsunfähigkeit sieht. Man sei aber aufgrund der Sanktionen - im konkreten Anlassfall durch das damit betraute Unternehmen Euroclear - nicht in der Lage, Geld an die Anleihegläubiger zu überweisen. Der Westen wird deshalb beschuldigt, das Land in eine künstliche Zahlungsunfähigkeit treiben zu wollen.
Was kurzfristige neue Kreditaufnahmen Russlands angeht, wäre ein formeller Zahlungsausfall zwar weitgehend symbolisch, da Moskau derzeit ohnehin keine internationalen Kredite aufnehmen kann und dies dank der reichen Öl- und Gaseinnahmen auch nicht muss. Aber das Stigma würde seine Kreditkosten in Zukunft wahrscheinlich erhöhen - und das auch noch in vielen Jahren.
Nach Angaben des Finanzministeriums in Moskau hat Russland die Zahlungen für die genannten Anleihen in Euro und Dollar an seinen zentralen Wertpapierverwahrer NSD geleistet. Es gilt jedoch als unwahrscheinlich, dass die Gelder ihren Weg zu den vielen internationalen Inhabern finden werden. Für viele Gläubiger stellt die nicht rechtzeitige Überweisung des geschuldeten Geldes auf ihre Konten einen Zahlungsausfall dar.
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