Bedrohte Ärztin:

„Traue mich kaum noch, mit Hund Gassi zu gehen“

Oberösterreich
28.06.2022 19:00

Von Morddrohungen zermürbt, ist eine oberösterreichische Medizinerin am Ende. Jetzt schloss sie ihre Praxis am Attersee - vielleicht sogar für immer. Und auch privat nimmt sich die Medizinerin zurück, traut sich kaum noch vor die Tür.

„Sieben Monate habe ich durchgehalten. Jetzt geht es nicht mehr. Ich bin am Ende, auch finanziell“ - in Seewalchen schloss Dr. Lisa-Maria Kellermayr wegen Drohungen aus der Corona-Maßnahmen- und Impfgegnerszene ihre Hausarztpraxis. Und weiß noch nicht, ob sie je wieder aufsperrt. „Ich stehe vor dem Privatkonkurs“, sagt die Ärztin, die im Vorjahr wegen ihrer erfolgreichen Behandlung von Covid-Patienten mit einem Asthmaspray bekannt wurde, im „Krone“-Gespräch.

Die Tonbandstimme, die bisher über die Ordinationszeiten informierte, sagt jetzt: „Wegen der dauernden Bedrohungslage bleibt die Ordination bis auf Weiteres geschlossen.“

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Sieben Monate habe ich durchgehalten. Jetzt geht es nicht mehr. Ich bin am Ende, auch finanziell.

Dr. Lisa-Maria Kellermayr

„Ich habe beschlossen, dich zu kriegen. Ich werde auch alle Mitarbeiter in der Ordination abschlachten“ - solche und ähnliche Drohungen versetzten die Ärztin in Sorge, doch von der Polizei fühlt sie sich unverstanden: „Uns wurde umfassender Polizeischutz versprochen, aber es wurde nur die Praxis verstärkt bestreift. Ab und zu schauten Beamte herein und fragten, ob alles in Ordnung sei.“

Die Exekutive bestätigt zwei Drohungen vom November 2021 und vom 4. April 2022 (ein handschriftlicher Drohbrief, den sie abgegeben habe, sei laut Kellermayr aber verschwunden), und die Staatsanwaltschaft Wels ermittelte gegen einen Deutschen. Das Verfahren wurde „mangels inländischer Gerichtsbarkeit“ am 14. Juni eingestellt.

Vier Messer in der Ordination abgenommen
„Ich habe privat Security-Leute engagiert, wir bekamen eine Sicherheitsschleuse, haben Panikknöpfe installiert, alle Mitarbeiter erhielten Pfeffersprays“, so die Ärztin, die mehr als 100.000 € in die Sicherheit investiert hat.

Der große Angriff blieb aus, allerdings wurden Patienten vier Butterfly-Messer abgenommen. Und nach der Drohung, sie werde beobachtet, stand am nächsten Tag ein Mann vor der Ordination Kellermayrs und fotografierte hinein. „Ich traue mich kaum noch hinaus, lasse andere mit dem Hund Gassi gehen“, sagt die Ärztin. Die Gehälter ihrer Mitarbeiterinnen will sie aber weiterzahlen, bis sie pleite ist.

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