Jener falsche Vitali Klitschko, der mit Videotelefonaten mit europäischen Bürgermeistern, unter ihnen Wiens Michael Ludwig, für Aufsehen gesorgt hat, war offenbar das Werk russischer Komiker. Das Comedy-Duo Vladimir Krasnov und Alexei Stolyarov hat sich zu den Fake-Telefonaten bekannt und will Mitschnitte davon auf einer russischen Streaming-Seite veröffentlichen.
„Ich will nicht verraten, wie wir es angestellt haben, aber es war ganz leicht“, sagt Stolyarov im Gespräch mit dem ARD-Politikmagazin „Kontraste“. Unabhängig überprüfbar sind die Angaben der beiden Komiker nicht. Die Gespräche mit dem falschen Klitschko sollen am Donnerstag auf einer russischen Streaming-Seite veröffentlicht werden, wurde angekündigt.
Mehrere Bürgermeister hinters Licht geführt
Fakt ist, dass in den vergangenen Tagen gleich mehrere europäische Bürgermeister mit dem falschen Klitschko telefoniert hatten - neben Wiens Bürgermeister Michael Ludwig wurden auch die Bürgermeister von Berlin, Budapest, Madrid und Warschau in die Falle gelockt.
Nicht alle durchschauten den Fake. In Berlin brach man das Gespräch nach einer Weile aufgrund von Auffälligkeiten ab. Von der Stadt Wien hieß es: „Es gab keine Indizien dafür, dass das Gespräch nicht mit einer realen Person geführt wurde.“ Im Rathaus war die Rede von einem „schweren Fall von Cyberkriminalität“ und „digitaler Kriegsführung“.
Social Engineering, aber kein Deepfake
Tatsächlich dürften die russischen Komiker die Aktion penibel geplant haben. Man habe zunächst Informationen über die Personen und deren Umfeld gesammelt und mit diesem Wissen unter anderem E-Mail-Adressen gefälscht, um die Empfänger von der Echtheit des falschen Klitschko zu überzeugen, sagt Stolyarov. „Das funktioniert jedes Mal.“
Wie genau die Fälschung, die am Bildschirm ihrer Gegenüber auftauchte, erstellt wurde, haben die beiden Russen nicht verraten. Es habe sich jedoch nicht, wie zunächst etwa vom Berliner Rathaus vermutet wurde, um einen sogenannten Deepfake mit KI-Bildmanipulationen gehandelt. Das legt nahe, dass das Duo kurzerhand Szenen aus einem älteren Interview neu zusammengeschnitten und möglicherweise teils neu vertont hat.
Es ist lustig, dass man uns vorwirft, für Geheimdienste zu arbeiten.
Alexei Stolyarov
Ihre Aktion sei nicht staatlich motiviert gewesen, betonen die Komiker, die in der Vergangenheit in die Nähe russischer Geheimdienste gerückt worden waren. „Es ist lustig, dass man uns vorwirft, für Geheimdienste zu arbeiten“, sagt Stolyarov dem deutschen TV-Sender.
Als „Meister der Telefondiplomatie“ geehrt
Allerdings, wird im Bericht der ARD angemerkt, richten sich die Scherze Stolyarovs und Krasnovs auffällig oft gegen Personen, denen die russische Regierung nicht unbedingt positiv gesinnt ist. So führte das Duo etwa auch schon den britischen Premier Boris Johnson und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hinters Licht. Auch die britische Bestseller-Autorin JK Rowling („Harry Potter“) wurde kürzlich Ziel des Duos.
Erst kürzlich erhielten Stolyarov und Krasnov für ihre Aktionen bei einer Preisverleihung in Moskau eine Auszeichnung. Überreicht wurde sie von einer Sprecherin des russischen Außenministeriums unter Sergej Lawrow. Die Lawrow-Mitarbeiterin lobte die beiden Komiker bei der Verleihung als Russlands „Meister der Telefondiplomatie“.
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