Lisa Maria Kellermayr (36) ist Ärztin in Seewalchen (Oberösterreich), doch seit sieben Monaten lebt sie in Angst und Schrecken, erhält Morddrohungen.
„Ich bin bewaffnet und habe eine Schrotflinte.“ „Ich werde als Patient kommen.“ „Ich werde alle deine Mitarbeiter abschlachten.“ Solche und noch viel schlimmere Mails bekommt die Allgemeinmedizinerin Lisa Maria Kellermayr (36) aus Seewalchen seit sieben Monaten. Die „Krone“ hat mit ihr in ihrer Ordination, in der sie aus Angst vor einem Anschlag seit Monaten lebt, gesprochen.
„Krone“: Wie viele Drohmails haben Sie bereits bekommen?
Lisa Maria Kellermayr: Man muss zwischen privatrechtlichen, handschriftlichen Drohschreiben, Mails aus dem Darknet und den strafrechtlichen Nachrichten – wo Ermittlungen in Auftrag gegeben wurden – unterscheiden. Insgesamt bewegen wir uns in den sieben Monaten in einem höheren dreistelligen Bereich.
Wurden Sie auch körperlich bedroht oder beleidigt?
Ja. Es gab kleinere Vorfälle in der Ordination. Gekommen sind die alle als Patienten. Wobei bei einigen klar war, dass sie kein medizinisches Anliegen haben. Der Grund für ihr Kommen war, verbal aggressiv gegen mich oder meine Mitarbeiter zu werden.
Was hätten Sie sich von der Polizei erwartet?
Schutz! Es geht hier um die Ankündigung eines Amoklaufes, wieso soll es meine Aufgabe als Privatperson sein, dafür zu sorgen, dass ein Amoklauf verhindert wird? Und ich hätte mir gerne einen anderen Umgang erwartet.
Glauben Sie, dass durch den Wegfall der Impfpflicht die Bedrohungen aufhören?
Nein, das glaube ich nicht. Die Leute, die uns da bedrohen, sind der Überzeugung, dass sie das Recht haben, mich zu töten. Und dass sie als gute Menschen handeln, weil ich das personifizierte Böse bin. Weil ich in ihren Augen Tausende Menschen umgebracht habe, weil ich sie geimpft habe.
Sie sind sehr aktiv in den sozialen Medien, haben Sie je daran gedacht, sich etwa von Twitter zurückzuziehen?
Wir haben das im Team intensiv besprochen. Aber wieso muss ich auf mein Recht auf Meinungsfreiheit verzichten, wenn die Meinungsfreiheit der Querdenker mit Hundertschaften von Polizisten beschützt wird bei jeder Demo? Soll ich jeden Tag vor der Ordi eine Demo ankündigen, damit ich Polizeischutz bekomme?
Die Leute, die uns da bedrohen, sind der Überzeugung, dass sie das Recht haben, mich zu töten.
Die Allgemeinmedizinerin (36)
Ihre Ordination ist geschlossen, Sie stehen kurz vor dem Privatkonkurs. Ist da noch was zu retten?
Ich kann nur wieder aufsperren, wenn ein entsprechender Schutz hier vor Ort gewährleistet ist, der entweder von der Polizei kommt – oder die Kosten für den Sicherheitsdienst werden übernommen. So lange, bis eine gewisse Zeit vergangen ist, ohne Bedrohung. Ich kann kein Risiko eingehen, wenn es um die Sicherheit meiner Patienten und Mitarbeiterinnen geht.
Wie viel hat Ihr privater Sicherheitsdienst gekostet?
Das sind zwischen 8000 und 10.000 Euro im Monat. Und das stemme ich schon seit sieben Monaten.
Die Situation ist eine enorme psychische Belastung. Wie gehen Sie damit um?
Es ist eine unwirkliche Situation, fast wie in einem schlechten Film. Ich hab mit Verfassungsschutz, Terror und Geheimdiensten zu tun. Natürlich belastet das, und ich hatte schon Kontakt zu Opferschutzvereinen.
Sie haben seit Kurzem einen kleinen Hund. Ist er Ihr persönlicher Seelentröster?
Ja, wir haben „Fräulein“ (Anm.: ein sechs Monate alter italienischer Wasserhund) genommen, um uns alle etwas zu stützen.
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