Die Theaterlegende Peter Brook ist tot: Der gebürtige Brite verstarb am Sonntag im Alter von 97 Jahren in seiner Wahlheimat Frankreich. Der Regisseur war eine der prägenden Theaterfiguren des 20. Jahrhunderts, die mit markanten Klassikerinszenierungen von Shakespeare bis Beckett und eigenwilligen Eigenkreationen wie dem neunstündigen Sanskritepos „Le Mahabharata“ international Erfolge feierte.
Geboren wurde Brook am 21. März 1925 als Sohn jüdischer Emigranten aus Russland in London. Seine Eltern nahmen ihn häufig ins Theater mit. Als er zehn war, führte er „Hamlet“ mit Pappfiguren auf. „Die Ärmsten saßen dort etwa zwei Stunden“, erinnerte er sich im Gespräch mit dem US-Sender „NPR“. „Diese winzige Stimme, die schlecht liest und sagt, ,Sein oder Nichtsein‘ das ist hier die Frage‘!“ Und der junge Brook blieb dem Theater treu. 1943 brachte er „Dr. Faustus“ auf eine Londoner Kneipenbühne. Mit Anfang 20 galt er als Wunderkind, inszenierte Shakespeare in Stratford-upon-Avon, aber auch „Salome“ von Richard Strauss an der Londoner Royal Opera. Salvador Dali schuf dafür so gewagte Bühnenbilder, dass Brook danach gekündigt wurde.
Komödien und Musicals machten ihn danach zum Star des Londoner West Ends. Er arbeitete mit Theatertitanen wie Laurence Olivier, John Gielgud und Vivien Leigh und wurde mit Ehrungen überhäuft. Brook probierte alles aus - „Kultur, Sex, Drogen, Religionen“ - bevor er 1951 die Schauspielerin Natasha Parry heiratete, mit der er bis zu ihrem Tode 2015 zusammen war.
Bühne bot Freiheiten
Seine experimentelle Inszenierung von Peter Weiss‘ „Marat/Sade“ (1964), in der sich die Schauspieler in Insassen eines Irrenhauses verwandelten, bot einen Vorgeschmack auf sein bahnbrechendes Werk „Der leere Raum“ von 1969. Darin konstatiert er, dass ihm für ein Theaterstück ein leerer Raum genügt, der von einem Mann durchquert wird, während ein anderer ihm dabei zuschaut. Mit dieser Haltung modernisierte Brook das Nachkriegstheater radikal: „Ich kann jeden leeren Raum nehmen und ihn eine nackte Bühne nennen.“ Eine Kampfansage an bürgerliche Inszenierungen. Brooks bevorzugte einen asketischen Stil, der sich auf elementare Gesten konzentrierte, die allen Menschen gemeinsam sind. Entsprechend dazu entwickelte er Anfang der 70er Jahre seine eigene, auf den Ausdruck zielende Theatersprache, „Orghast“. Seine Ideen vom nackten Raum setzte er 1970 mit einer legendären akrobatischen Shakespeare-Inszenierung um. Der „Sommernachtstraum“ in einem reinweißen, kubischen Raum mit Trapezen gilt bis heute als eine der prägenden Nachkriegsproduktionen.
Ursprünglich wollte Brook eigentlich Filmregisseur werden. Doch nach seinem Erfolgsstreifen „Herr der Fliegen“ 1961 war ihm klar, dass die Bühne mehr Freiheiten bot: Dort könne man „ein Universum in einem leeren Raum heraufbeschwören, indem ein Schauspieler nur einen Stock aufhebt.“ Beim Film sei man dagegen immer dem Budget und Produzenten ausgeliefert.
Anfang der 1970er zog Brook dauerhaft nach Paris. Dort gründete er das Internationale Zentrum für Theaterforschung, um sowohl afrikanische wie auch östliche Traditionen zu erforschen. Die internationale Truppe fand eine Heimat in dem ehemaligen Varietétheater Theatre des Bouffes du Nord. Statt das abgebrühte Londoner Publikum mit aufwendigen Produktionen zu beeindrucken, tourte Brook zeitweise mit seiner Improvisationstruppe durch afrikanische Dörfer, mit einem Teppich als Bühne.
Seine Inszenierungen wurden in den folgenden Jahrzehnten internationaler und kleiner. Mit einer Ausnahme: 1985 adaptierte er das Sanskrit-Epos „Mahabharata“. Die neunstündige Uraufführung fand in einem Steinbruch bei Avignon statt und endete bei Morgengrauen. Und so blieb Peter Brooks Werk in seiner Vielfalt und Bedeutung einzigartig, was auch für seinen Einfluss auf das zeitgenössische Theater galt.
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