In Berlin oft angeeckt

Kiews spitzzüngiger Botschafter wird abberufen

Ausland
05.07.2022 11:14

Die Ukraine nimmt offenbar ihren umstrittenen Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, aus dem Schussfeld und holt ihn ins Außenministerium nach Kiew. Präsident Wolodymyr Selenskyj habe einen entsprechenden „Vorschlag“ aus dem Außenministerium bekommen, berichtete die „Bild“ am Dienstag. Im Herbst soll der Wechsel des 46-Jährigen erfolgen. In Berlin ist der Diplomat mit der spitzen Zunge zuletzt häufig angeeckt.

Die „Süddeutsche Zeitung“ meldete unter Berufung auf Kreise des Kiewer Präsidialamtes ebenfalls, dass Melnyk seinen Posten in Berlin verlassen und ins Außenministerium nach Kiew wechseln soll. Dort könnte er laut „Bild“ stellvertretender Außenminister werden. Die Regierung in Kiew und Melnyk selbst reagierten noch nicht auf Anfragen der Deutschen Presse-Agentur.

„Schert euch mit euren ,Ratschlägen‘ zum Teufel“
Staub aufgewirbelt hatte Melnyk zuletzt etwa durch seine Reaktion auf einen Appell deutscher Prominenter, Publizisten und Wissenschaftler, in dem westliche Regierungen dazu aufgefordert wurden, alles daranzusetzen, dass Russland und die Ukraine „zu einer zeitnahen Verhandlungslösung kommen“. Melnyks Twitter-Antwort fiel doch recht ungewöhnlich für einen Diplomaten aus: „Nicht schon wieder, what a bunch auf pseudo-intellectual loosers. Ihr alle sollt euch endlich mit euren defätistischen ,Ratschlägen‘ zum Teufel scheren. Tschüß.“

Umstrittene Positionen auch zur ukrainischen Geschichte
Neben regelmäßiger scharfer Kritik an der Ukraine-Politik der deutschen Bundesregierung fiel Melnyk in der Vorwoche auch mit einer umstrittenen Äußerung über den früheren ukrainischen Nationalistenführer Stepan Bandera (1909-1959) auf: „Bandera war kein Massenmörder von Juden und Polen“, sagte er in einem Interview. Dafür gebe es keine Belege. Empörung kam unter anderem aus Polen und von der israelischen Botschaft in Berlin. Das ukrainische Außenministerium erklärte, Melnyk habe seine persönliche Position wiedergegeben, die nicht die Haltung des Ministeriums sei.

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