Im erst heuer bekannt gewordenen Verdachtsfall des sexuellen Missbrauchs in einem städtischen Kindergarten in Wien-Penzing hat sich nun herausgestellt, dass zwölf Eltern bereits seit 2020 über Auffälligkeiten bei ihren Kindern berichtet haben. Dennoch seien die weiteren Eltern nicht oder nur „halb“ über die Vorwürfe informiert worden, berichtete Kinder- und Jugendanwalt Ercan Nik Nafs am Donnerstag gemeinsam mit Stadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) aus einem Prüfbericht, der ein desaströses Bild zeichnet ...
Im Zuge der Überprüfung der Abläufe wurden Informationen aus mehr als hundert Telefonaten, etwa 150 Mails und einigen persönlichen Treffen mit etwa 35 Familien aufgearbeitet. Darüber hinaus wurden die bestehenden gesetzlichen Kinderschutzverpflichtungen ebenso analysiert wie die Geschäftsbedingungen, Richtlinien und Leitfäden der MA 10.
Dabei zeigte sich eine problematische Unternehmenskultur am Standort und teilweise darüber hinaus, strukturelle Problembereiche in der MA 10 sowie rechtliche Lücken auf Landes- und Bundesebene. Die Auffälligkeiten reichten von Albträumen und plötzlichem Bettnässen über die permanente Weigerung, in den Kindergarten zu gehen, bis hin zu Angst vor dem Klo und dem Waschraum im Kindergarten, erläuterte Nik Nafs. Es habe nicht einmal Aufklärung gegeben, „als sich unter den Kindern das Gerücht verbreitete, der (versetzte, Anm.) betroffene Pädagoge sei an Corona gestorben“.
Mangelnde Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung
Kinder- und Jugendanwalt Ercan Nik Nafs
Massive Kommunikationsfehler
Der Wiener Kinder- und Jugendanwalt kritisierte die hierarchischen Strukturen. Eltern von betroffenen Kindern seien mit der Bitte, auch andere Eltern zu informieren, zurückgewiesen worden - mit dem Hinweis, man warte zunächst auf eine „Entscheidung von oben“. Er ortete eine „mangelnde Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung“ und Angst vor Vorgesetzten.
Berichte über die Auffälligkeiten würden bereits seit 2020 existieren, seien aber nicht weitergeleitet worden, wie der Prüfbericht darlegt. Der Bericht ortet daher massive Kommunikationsfehler.
Wiederkehr kündigt „großen Aktionsplan Kinderschutz“ an
Der unter Federführung der Kinder- und Jugendanwaltschaft erstellte Bericht zeige auf, „dass hier nicht früh genug mit den Eltern kommuniziert worden ist“, sagte Wiederkehr. Die Prüfung lege auch dar, dass es Kinderschutzeinrichtungen gegeben hat, diese aber vielleicht zu komplex gewesen seien. Der Prüfbericht sei laut Widerkehr der Startpunkt für einen „großen Aktionsplan Kinderschutz“ in der Stadt, der im Wesentlichen folgende Punkte umfasse:
Die Frage über Schuld oder Nicht-Schuld des Pädagogen „ist keine Frage, die ich als Politiker beantworte, oder auch der Bericht“, betonte der Vizebürgermeister. Es gelte die Unschuldsvermutung, die Staatsanwaltschaft führe Ermittlungen.
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