Reihe von Skandalen

Boris Johnson: Was das Fass zum Überlaufen brachte

Ausland
07.07.2022 13:41

Am Ende wurde es doch zu viel: Der britische Premierminister Boris Johnson hat in einer Rede an die Nation am Donnerstag seinen Rücktritt erklärt. Das Amt des Parteichefs gibt er sofort ab, Premier will er noch bis Oktober bleiben. Trotz zahlreicher Skandale hatte er bis zuletzt versucht, im Amt zu bleiben. Die Revolte seiner eigenen Minister brach ihm schließlich das politische Genick.

Johnson war 2019 als Nachfolger von Theresa May Chef der Konservativen und Premierminister geworden. Anfangs war er populär, die Kritik an seinem chaotischen Regierungsstil wurde aber immer lauter. Gegen den Politiker gab es schon in den vergangenen Jahren mehrmals Rücktrittsforderungen, weil er in zahlreiche Skandale verstrickt war.

(v.l.n.r.): Gesundheitsminister Sajid Javid und Finanzminister Rishi Sunak mit Premier Boris am 7. Mai 2021 in der Downing Street in London. (Bild: Toby Melville/PA via AP)
(v.l.n.r.): Gesundheitsminister Sajid Javid und Finanzminister Rishi Sunak mit Premier Boris am 7. Mai 2021 in der Downing Street in London.

Wohnungsrenovierung: So geriet Johnson Anfang April 2021 wegen der luxuriösen Renovierung seiner Wohnung in der Downing Street unter Druck. Der Premier versicherte, er habe für die Arbeiten „persönlich“ bezahlt. Später stellte sich aber heraus, dass die Renovierung maßgeblich mit Mitteln aus einer Privatspende an seine Konservative Partei - die Tories - bezahlt worden war. Die Spende war nicht ordnungsgemäß deklariert, Johnsons Partei musste eine Strafe zahlen.

Lobbyismus-Affäre: Im Dezember 2021 musste der konservative Abgeordnete Owen Paterson wegen einer Lobbyismus-Affäre zurücktreten. Johnson hatte sich Anfang November in die Affäre eingeschaltet und versucht, ein Disziplinarverfahren gegen seinen Parteikollegen zu stoppen. Angesichts der Empörung in den eigenen Reihen musste er aber einen Rückzieher machen.

Boris Johnson im Rahmen der „Leave“-Kampagne für den EU-Austritt Großbritanniens 2016 - jetzt ist er es selbst, der geht. (Bild: AP)
Boris Johnson im Rahmen der „Leave“-Kampagne für den EU-Austritt Großbritanniens 2016 - jetzt ist er es selbst, der geht.

Lockdown-Partys: Heftige Kritik an Johnson hagelte es seit vergangenem Jahr wegen der Partygate-Affäre. Der britische „Guardian“ veröffentlichte ein Foto, das den Regierungschef zeigt, wie er während des Lockdowns im Mai 2020 eine Gartenparty mit Dutzenden Gästen im Regierungssitz feiert. Johnson räumte im Jänner ein, daran teilgenommen zu haben, und entschuldigte sich im Londoner Parlament.

Gleichzeitig behauptete er, davon ausgegangen zu sein, dass es sich um eine Arbeitsbesprechung gehandelt habe. Er sei für etwa 25 Minuten dabei gewesen, um Mitarbeitern zu danken. Im Nachhinein hätte er alle wieder hineinschicken sollen, sagte Johnson.

Sexuelle Belästigung: Die aktuelle Rücktrittswelle in der britischen Regierung brach Johnson letztlich das politische Genick. Auslöser waren die Vorwürfe sexueller Belästigung gegen den Abgeordneten Christopher Pincher. Er war vergangenen Freitag von den Konservativen suspendiert worden, zuvor reichte er selbst seinen Rücktritt als stellvertretender parlamentarischer Geschäftsführer der Tories ein. Johnson soll von dem sexuellen Fehlverhalten gewusst und Pincher trotzdem befördert haben.

Am Dienstag entschuldigte sich der Premier für seinen Umgang mit dem Fall. Zuvor hatte ein ehemaliger hochrangiger Beamter des Außenministeriums Johnsons Büro vorgeworfen, gelogen zu haben, weil er behauptete, von den Beschwerden nichts gewusst zu haben.

Rückhalt geschwunden: Noch am selben Tag legten Finanzminister Rishi Sunak und Gesundheitsminister Sajid Javid ihre Ämter zurück. Sie sprachen Johnson die Fähigkeit ab, eine Verwaltung zu führen, die sich an Standards hält. Auch mehrere Staatssekretäre traten zurück oder kündigten ihren Abgang an. Ein Handelsbeauftragter sowie ein Vize-Vorsitzender von Johnsons Tories legten ebenfalls ihre Ämter zurück.

Der Rückhalt für den Premier schwand immer mehr, am Mittwoch und Donnerstag folgten weitere Rücktritte.

Nachdem er Anfang Juni noch eine Vertrauensabstimmung seiner Parlamentsfraktion gewonnen hatte, überwiegt jetzt das Misstrauen. Bleibt Johnson noch bis Herbst Regierungschef, war er zumindest länger im Amt als Theresa May, die er selbst zum Rücktritt gebracht hatte.

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