Moskau sammelt Kräfte
Erstmals seit Invasion kein neues Gebiet erobert
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben die Invasionstruppe täglich Gebietsgewinne gemeldet - bis jetzt. Am Mittwoch gab es keine Berichte über neu eroberten Raum. In den letzten Tagen erfolgten lediglich einzelne - erfolglose - Bodenangriffe. Nach Einschätzung von Militärexperten deutet das auf eine russische Operationspause hin. Indes laufen in Moskau Vorbereitungen für eine Kriegswirtschaft.
Laut dem US-Thinktank „Institute for the Study of War“ (ISW) beschränken sich die russischen Streitkräfte während ihre Operationspause auf begrenzte Attacken. Gleichzeitig versuche man, die Kampfkraft wieder aufzubauen, die für eine größere Offensive nötig ist.
Nach der weitgehenden russischen Eroberung des Gebiets Luhansk erwartet die Ukraine eine massive Ausweitung der Angriffe auf die Nachbarregion Donezk. Das gesamte Gebiet sei von Russland „zu einem gefährlichen Hotspot“ für Zivilisten gemacht worden, warnte Gouverneur Pawlo Kyrylenko. Die Behörden forderten die Zivilbevölkerung zur Flucht auf.
Schritt in Richtung Kriegswirtschaft
Der Kreml stellt sich laut Einschätzung des ISW auf längere Operationen in der Ukraine an. Daher schaffe er weiter die Voraussetzungen für eine verdeckte Mobilisierung der russischen Wirtschaft. Ende Juni verabschiedete die Duma - das russische Parlament - ein Gesetz, das dem Staat direkte Kontrolle auch über Privatunternehmen gibt. Arbeitnehmer können aus dem Urlaub zurückgeholt, außerdem können sie zu zusätzlichen Stunden an Wochenenden, Feiertagen oder in der Nacht verdonnert werden.
Das Gesetz muss noch dem russischen Föderationsrat vorgelegt werden, bevor es von Russlands Staatsoberhaupt Wladimir Putin unterzeichnet werden kann. Der Kreml beabsichtigt damit wahrscheinlich, die Wirtschaft anzukurbeln - einerseits, um die westlichen Sanktionen abzumildern, andererseits, um die notwendigen Ressourcen für einen noch langwierigen Krieg gegen die Ukraine zu sammeln.
Anzeichen für verdeckte Rekrutierung
Dafür braucht Russland auch mehr Soldaten. Schon länger gibt es deswegen Anzeichen für eine verdeckte Rekrutierung. Ende Mai hob die Duma die Altersgrenze für Vertragssoldaten auf. Alle russischen Bürger bis 65 können seither in den Streitkräften dienen. Zur Begründung hieß es, es würden Spezialisten für den Einsatz hochpräziser Waffen benötigt. Solche Spezialisierungen würden erfahrungsgemäß im Alter von 40 bis 45 Jahren erreicht.
Zudem werden laut Medienberichten auch Militärs aus dem Ruhestand geholt und wieder eingesetzt. Eine tatsächliche Generalmobilmachung ist in Russland sehr heikel: Dafür müsste man Kriegsrecht verhängen - und Putin somit offiziell zugeben, dass es Krieg gibt und keine „Spezialoperation“.
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