Bildungsminister Martin Polaschek erklärt im Interview mit der „Krone“ seinen verpatzten Auftritt in der ORF-„ZiB 2“, wie er den Lehrermangel lösen will und warum doch noch CO2-Messgeräte kommen könnten.
„Krone“: Sie haben in der Vorwoche in einem viel kritisierten „ZiB 2“-Interview neunmal mit dem Satz „Das müssen wir uns anschauen“ geantwortet. Ist eine solche Rhetorik vertrauensbildend?
Martin Polaschek: Da habe ich einen rhetorischen Fehler gemacht. Ich komme aus der Wissenschaft, wenn Anregungen an mich herangetragen werden, dann setze ich mich damit auseinander. Das wollte ich mit „anschauen“ ausdrücken. Seriöse Politik ist für mich, wenn man nicht gleich „Nein“ oder „Ja, machen wir auf jeden Fall“ sagt.
Dass frische Luft das Corona-Infektionsrisiko senkt, ist bekannt. Trotzdem meinten Sie, dass Sie sich anschauen müssen, ob die CO2-Messgeräte Sinn machen ...
CO2-Messgeräte können eine Erinnerungsfunktion haben, aber sie lösen das Problem nicht. Regelmäßiges Lüften hilft. Jetzt gab es nochmals den Vorstoß für Messgeräte als Unterstützung. Deswegen habe ich gesagt, ich überprüfe den Bedarf nochmals.
In den Wiener Mittelschulen ist die Lehrernot so prekär, dass etwa Englischlehrer Physik unterrichten müssen und Mathematiklehrer Englisch. Da müsste eigentlich rasch gehandelt statt angeschaut werden. Wie will man die Lücke füllen?
Das sollte so nicht sein. Aber es ist eine große Herausforderung, dass Lehrer nicht fachfremd eingesetzt werden - vor allem bei Kleinschulen. Dass der Lehrermangel so akut wird, war nicht vorhersehbar. Durch die Pandemie hat sich die Situation nochmals verschärft. Deswegen möchte ich es Quereinsteigern erleichtern, als Lehrer an die Schule zu kommen. Quereinsteiger werden keine befristeten Sonderverträge mehr bekommen. Künftig gibt es eine ganz klare dienstrechtliche Verankerung. Die Novelle liegt bereits im Parlament. Außerdem versuchen wir, Studierende, die knapp vor dem Abschluss sind, in die Schule zu bekommen. Zusätzlich versucht man Teilzeit-Lehrer zu überzeugen, dass sie Vollzeit unterrichten.
Was erhoffen Sie sich von der Maßnahme für Quereinsteiger?
Dass pro Jahr 200 bis 300 neue Lehrer hinzukommen. Wir versuchen aber auch das Lehramtsstudium attraktiver zu machen. Hier gibt es derzeit eine Evaluierung.
Wenn der Lehrermangel so akut ist, warum hält man an 21 Unterrichtsfächern fest, wenn der Unterricht so nicht mehr durchführbar ist?
Dass man sich mittelfristig überlegt, wie eine Fächeraufteilung aussehen könnte, halte ich für sinnvoll. Aber jetzt haben wir eine intensive Zeit wegen der Pandemie. Und wir haben ukrainische Flüchtlingskinder zu integrieren. Jetzt eine solche Diskussion zu starten, wäre absolut der falsche Zeitpunkt.
Kommen wir zu Corona: Wird es zum Schulstart wieder flächendeckende Tests für die Schüler geben?
Das kann ich heute noch nicht beantworten. Das wäre zu früh.
Der Grazer hat seinen attraktiven Job als Rektor der Universität Graz aufgegeben, um im Dezember 2021 völlig überraschend Bildungsminister zu werden. Der 56-Jährige hat zwar ein Rückkehrrecht auf die Uni, aber der Posten wurde bereits nachbesetzt. Trotzdem bereut er den Wechsel nicht. Er war früher Mitglied der Expertengruppe zur Zukunft der Lehrerbildung, und er gilt als Entnazifizierungs-Experte.
Sie wollen die Schulen eine Woche vor dem Schulstart über die Maßnahmen informieren. Ist das nicht zu kurzfristig?
Umgekehrt gefragt: Wenn ich die Maßnahmen drei Wochen vor Schulstart bekannt geben würde, würde die Kritik lauten: Das ist zu früh. Die Vorbereitung wird schon früher anlaufen, nur die Letztentscheidung wird erst später fallen.
Was war die größte Schwierigkeit für Sie als Quereinsteiger? Der Umgang mit den Medien?
Ja, das ist eine große Umstellung. Ich war als Rektor für pointierte Aussagen bekannt. Das geht jetzt nicht mehr, weil es schnell negativ interpretiert wird. Aber auch damit lernt man schnell umzugehen.
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