Österreichs Notenbank-Chef plädiert im „Krone“-Interview für klare Schritte der Europäischen Zentralbank, die die Bevölkerung auch versteht.
Er gilt an und für sich als zurückhaltender Währungsexperte, diesmal aber wählt Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann im Interview mit dem stellvertretenden „Krone“-Chefredakteur Georg Wailand klare Worte. Er plädiert für eine stärkere Zinserhöhung durch die EZB im Sommer, um die galoppierende Inflation einzubremsen. Bekanntlich hat die Europäische Zentralbank (EZB) vor, die Zinsen am 21. Juli bei der nächsten Sitzung des geldpolitischen Rates um 0,25 Prozent zu erhöhen.
Dem österreichischen Währungshüter erscheint das zu wenig: „Die Inflation bei uns ist zuletzt auf 8,7 Prozent gestiegen, der Preisanstieg hat sich verschärft, da braucht es klare Signale, die die Bevölkerung versteht.“
Denn eigentlich ist das Ziel der EZB, in der Euro-Zone nur zwei Prozent Inflation zuzulassen, davon ist man derzeit meilenweit entfernt. Unterstützt wird Holzmanns Vorstoß auch von den Notenbanken im Baltikum, die eine Zinserhöhung der EZB von 0,5 Prozent wünschen. Holzmann geht sogar noch einen Schritt weiter: „Wenn sich die Lage nicht verbessert, könnte eventuell eine Zinserhöhung um 0,75 Prozent notwendig sein.“ Das ist eine völlig neue Ansage nach der jahrelangen Nullzins-Politik der EZB. Die Inflation sei aber viel stärker gestiegen als erwartet, wer da zu lange zuwartet, könnte schuld sein, dass sich die Inflation weiter verfestigt und auf hohem Niveau bleibt. Daher, so Holzmann, sollte man besser jetzt die Zinsen spürbar erhöhen, um die Wirtschaft in ruhiges Wasser zu führen.
Im Schatten dieser Entwicklung sind die Zinsen, welche die einzelnen Länder für ihre Staatsschulden zahlen müssen, kräftig auseinandergeklafft: Vor allem der Anstieg für italienische Anleihen hat die Märkte verunsichert. Diese Länder müssten ihre Strukturprobleme lösen, billiges Geld verführe nur zu weiteren Ausgaben.
Bei Russland wäre es statt der Sanktionen besser gewesen, Zölle für importiertes Gas, Öl und Rohstoffe einzuführen, das hätte Russland belastet und Europa geholfen.
Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann
Wie lange es dauert, bis die Inflation wieder auf zwei Prozent sinkt? Holzmann: „Das hängt von der Entschlossenheit der Maßnahmen ab, bis ins nächste und übernächste Jahr wird es wohl brauchen.“ Besteht bei der hohen Geldentwertung nicht die Sorge vor einer Lohn-Preisspirale, die die Inflation weiter nach oben treibt? Holzmann: „Solange die Lohnrunden nach der Inflation in der vergangenen Zeit verhandelt werden, sehe ich das nicht.“
Aber die Geldentwertung wird die Sparer weiter ärmer machen? Holzmann: „Der reale Zins wird für die Leute negativ bleiben, darum ist es wichtig, hier wieder das richtige Zinsniveau zu erreichen.“ Derzeit müssen Firmen ja sogar für hohe Einlagen bei den Banken eine Art „Strafzins“ bezahlen, weil auch die EZB für solche Einlagen 0,5 Prozent verrechnet? Holzmann: „Das wird durch die kräftigen Zinsschritte aufhören, und das halte ich für einen positiven Faktor.“ Von Kind an hätten die Leute gelernt, dass Sparen gute Zinsen bringt - und plötzlich war es umgekehrt? Da sei ein Schritt zurück in die Normalität sehr erwünscht.
Jetzt ist bei den Zinsen die Zeit für klare Schritte gekommen, sonst verfestigt sich die Inflation.
Nationalbank-Gouverneur Robert Holzmann
Was sich viele derzeit fragen: Kommt es nach Covid und Ukraine-Krieg wirtschaftlich zu einer Rezession? Holzmann: „Wenn alle Programme in Europa anlaufen und es zu keinem Gas-Stopp kommt, können wir eine Rezession vermeiden. Sollte es jedoch zu einem Stopp der Gas-Lieferungen kommen, wäre eine Rezession in Österreich und Deutschland nicht zu vermeiden, die Arbeitslosigkeit würde in bestimmten Industrien stark steigen, das wäre regional sehr unterschiedlich.“
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