Am ersten Tag der Wartungsarbeiten an der Ostseepipeline Nord Stream 1 hat Russland mit stark gedrosselten Gaslieferungen nach Österreich das Zittern um die Zukunft der Energieversorgung weiter angefacht. Die OMV erhielt am Montag 70 Prozent weniger Gas vom russischen Staatskonzern Gazprom. Auch Italien bekam weniger Erdgas. Seit Montagfrüh fließt zudem durch die mehr als 1200 Kilometer lange Nord Stream 1 kein Gas mehr nach Deutschland.
Das war wegen der jährlich anstehenden Wartung angekündigt und erwartet worden. Nachdem am Montag der Gashahn zugedreht wurde, herrscht eine Frage in Europa vor: Wird er wieder aufgedreht?
Italiens teilstaatlicher Energieversorger Eni meldete nur wenige Stunden nach Beginn der Arbeiten, dass es ein Drittel weniger Gas als üblich aus Russland erwartet. Die OMV erhielt um 70 Prozent weniger Gas als nominiert. Seit Mitte Juni hatte Gazprom noch etwa die Hälfte der bestellten Menge geliefert.
Gasfluss bei Null
Die Arbeiten an der Nord-Stream-1-Leitung sind Routine. Jahr für Jahr hat die Betreibergesellschaft über die vorübergehende Abschaltung informiert - ohne dass die Öffentlichkeit groß Notiz nahm. Heuer ist alles anders. Seit Montag, 6 Uhr, stehen auf der zuletzt wichtigsten Route für russisches Erdgas nach Deutschland keine Transportkapazitäten mehr zur Verfügung. Im Laufe des Vormittags ging dann auch der tatsächliche Gasfluss gen Null. Spannend wird es in zehn Tagen, am 21. Juli, wenn die Wartungsarbeiten abgeschlossen sein sollen.
Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine hat Russland nach und nach mehreren europäischen Ländern, die Kiew unterstützen, das Gas abgedreht. Auch die Lieferungen nach Deutschland sind gesunken. Das mit Abstand meiste russische Gas kam zuletzt über Nord Stream 1, die Auslastung lag laut Bundesnetzagentur zuletzt nur noch bei etwa 40 Prozent des Maximums. Das russische Staatsunternehmen Gazprom hatte im Juni die Liefermenge drastisch gedrosselt und diese mit dem Fehlen einer Turbine von Siemens Energy begründet, die zur Reparatur nach Kanada geschickt worden war. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kritisiert die Begründung als vorgeschoben.
Ukraine „zutiefst enttäuscht“
Kanada will die Turbine nun doch ausliefern - zunächst nach Deutschland. Die Ukraine zeigte sich „zutiefst enttäuscht“, dass die kanadische Regierung hier eine Ausnahme von den gegen Russland verhängten Sanktionen mache. Nach Darstellung Berlins fällt die Lieferung aber nicht unter die EU-Sanktionen, weil diese sich nicht gegen Gaslieferungen richten.
Siemens Energy will die in Kanada gewartete Turbine nach eigenen Angaben „so schnell wie möglich zu ihrem Einsatzort“ bringen. Nähere Angaben zum Zeithorizont für die Lieferung machte das Unternehmen am Montag nicht. Aufgrund seiner Größe kann das fragliche Gerät - wenn nötig - auch per Flugzeug transportiert werden.
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