Besondere Chancen und zugleich große Herausforderung sieht der Präsident der deutschen Bundesbank Joachim Nagel, in einem digitalen Euro. Dieser könnte Risiken und Abhängigkeiten im internationalen Zahlungsverkehr verringern, so Nagel am Montagabend bei einer Veranstaltung an der Frankfurter Goethe-Universität. Indes erwägen die Währungshüter Limits beim digitalen Euro.
„Digitales Zentralbankgeld bietet eine besondere Chance, den internationalen Zahlungsverkehr schneller, kostengünstiger und transparenter zu machen“, sagte Nagel. Wichtig sei, Systeme für digitales Zentralbankgeld in unterschiedlichen Währungsräumen so auszugestalten, dass sie „miteinander reden können“, damit sich Geschäfte systemübergreifend durchführen ließen.
Bei der Umsetzung dieser Interoperabilität gebe es jedoch volkswirtschaftliche, technische, rechtliche und politische Herausforderungen. „Wenn sie gut gemeistert werden, lassen sich die Defizite im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr deutlich verringern“, sagte Nagel. „Das sollten wir nicht allein schwankungsanfälligen Krypto-Assets oder Stablecoins in geschlossenen Ökosystemen überlassen.“
Deshalb gelte es „umso mehr, mit großer Sorgfalt die Untersuchungen für einen digitalen Euro voranzutreiben und dabei auch internationale Aspekte zu berücksichtigen“, sagte Nagel. „In meinen Augen sollten wir die Chancen nutzen, die sich mit digitalem Zentralbankgeld bieten. Es hat große Potenziale.“
Obergrenzen gegen Verwerfungen im Finanzsystem
Bei der Einführung eines digitalen Euro müsste laut Nagel aber gegen Verwerfungen im Banken- und Finanzsystem vorgesorgt werden. „Deshalb denken wir frühzeitig über Maßnahmen nach, die eine übermäßige und ruckartige Umschichtung von Einlagen bei Geschäftsbanken in den digitalen Euro verhindern.“
Zwei Formen von Obergrenzen kommen Nagel zufolge dafür infrage. So könnten für das Halten von digitalen Euro feste Bestandsobergrenzen gelten. EZB-Direktor Fabio Panetta hatte einmal eine mögliche Obergrenze von 3000 Euro in die Diskussion eingebracht. Daneben sind Nagel zufolge auch Schwellenwerte denkbar, ab denen dann eine unattraktive Verzinsung droht.
„Feste Obergrenzen würden eine effektive Begrenzung der sich im Umlauf befindlichen Menge an digitalen Euro erlauben“, führte Nagel aus. Eine gestaffelte Verzinsung hingegen würde dagegen mehr Flexibilität schaffen, um der Nachfrage nach der Digitalwährung zu begegnen. „Gerade in der Einführungszeit könnten feste Obergrenzen für Privatpersonen besser geeignet sein, um Verwerfungen im Finanzsystem auszuschließen. Zahlungen in digitalem Zentralbankgeld müssen aber auch im Falle einer Obergrenze einfach und effizient möglich sein“, erläuterte er. Seine Überlegung: überschüssige Guthaben in digitalen Euro könnten automatisch auf ein Bankkonto umgeleitet werden.
„Für Unternehmen und Händler, die Zahlungen in größerem Umfang akzeptieren, wäre hingegen womöglich eine gestaffelte Verzinsung von Beginn an besser geeignet“, sagte Nagel. Schwellenwerte müssten aber aus seiner Sicht so bestimmt werden, dass nicht in großem Stil Gelder aus Bankkonten abgezogen und in digitale Euro umgewandelt werden. Wo solche Obergrenzen oder Schwellenwerte liegen, werde allerdings erst kurz vor Einführung des digitalen Euro festgelegt, sagte Nagel.
Währungshüter prüfen mögliche Einführung
Die Währungshüter des Euroraums prüfen seit einer Weile die mögliche Einführung einer digitalen Variante der europäischen Gemeinschaftswährung. Mitte Juli 2021 beschloss die Europäische Zentralbank, die Vorarbeiten auf die nächste Stufe zu heben: In einer zweijährigen Untersuchungsphase geht es nun etwa um Technologie und Datenschutz.
Ob ein digitaler Euro kommen wird, ist damit noch nicht entschieden. Auf jeden Fall würde ein digitaler Euro das Bargeld ergänzen und nicht ersetzen.
Die Arbeiten an einem digitalen Euro sind eine Antwort der Euro-Zentralbanken auf den steilen Aufstieg sogenannter Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether. Der große Unterschied: Im Gegensatz dazu stünde ein digitaler Euro unter Aufsicht einer Zentralbank, die die Stabilität der Währung sichert. Auch andere Notenbanken weltweit beschäftigen sich mit digitalem Zentralbankgeld.
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